Samstag, 28. Juli 2012

Panama Kanal

Ein RoRo Schiff mit koreanischen Autos im Bauch wird durch die
Gatún Schleusen manöveriert


Also ich hab Dir ja versprochen, dass ich meine Faszination für den Panama Kanal noch ein bisschen auf Dich abfärben lasse. Zugegeben, bevor ich hier her kam wusste ich nicht viel mehr als, dass der Panama Kanal zusammen mit dem Suez Kanal die wichtigsten künstlich erschaffenen Schiffsverbindungen auf der Welt sind und dass der Panama Kanal im Gegensatz zum Suez Kanal mit Schleusen operierte, der Suez eben einfach rausgebuddelt wurde. Und natürlich, dass der Panama Kanal die Atlantik-Pazifik Schifffahrt um die tagelange Fahrt um den südlichsten Zipfel des Kontinents, das chilenische Kap Hoorn verkürzt und der Suez die Umschiffung des von Seefahrern gefürchteten Kaps der guten Hoffnung und somit die Umschiffung des ganzen afrikanischen Kontinents erspart.  

Da die Klicks aus der Schweiz immer noch mit zu den Spitzenreitern gehören, will ich doch zuerst mal ein bisschen übers Geld reden. Etwas was wir in der Schweiz ja überhaupt nicht gerne machen, also Geld machen schon, aber über Geld reden weniger. Nun seit die Regierungen der Bundesländer unserer nördlichen Nachbarn so richtig aktiv in der Hehlerei wurden und andauernd Dinge kaufen die irgendwo in der Schweiz geklaut wurden, wurden die Schweizer ja gezwungen ein bisschen intensiver über Geld zu reden, also brauch ich hier ja wohl kaum Skrupel haben:

Passage-Gebühren 


Richard Halliburton 1928 mit Begleitboot in einer Schleuse des Panamakanals
Die tiefsten Gebühren für ein Passage des Panamakanals bezahlte der bis jetzt einzige Mensch der den ganzen Panamakanal schwimmend passierte. Der US amerikanische Abenteurer Richard Halliburton (1900 - 1939), der seinem konservativen Vater in jungen Jahren einst schrieb, er möchte auf keinen Fall einem gewöhnlichen Tod bei sich zu Hause im Bett erlegen, schwamm 1928 durch den Kanal, ja das, das hat er überlebt. Dafür wurde ihm gemäss der damaligen Regel eine Gebühr pro "Schiffsmass Tonnage" verrechnet. Es gab kein System das irgend etwas anderes zulies und die US Behörden die den Kanal managten nahmen es etwa so genau wie die Immigration Officer es heute nehmen wenn Du vor der US-Einreise Deine Fingerchen auf den sabbrigen Fingerprint-Scanner legen musst. Also musste sich Halliburton als Schiff anmelden und durchschwamm als SS Richard Halliburton den Kanal in 8 Tagen. Die SS Richard Halliburton wog 1/13 Tonne also gut 70 Kg und bezahlte 1928 eine Gebühr von 36 Cents. Bis heute die tiefste je bezahlte Gebühr für die Passage. 

Seine Leiche wurde nie gefunden, für tot erklärt wurde er Wochen nach dem er am 23. März 1939 von seiner chinesischen Dschunke, mit der er von Hong Kong nach San Francisco schaukeln wollte, eine Message sandte: "wish you were here, instead of me" weder sein Schiff noch er wurden je gefunden. Der Mann war konsequent, noch im Studium von London seinem Vater geschrieben und noch nicht mal 40 und seine Ziele umgesetzt - nicht zu Hause im Bett gestorben.

Ja so günstig kommt heute keiner mehr weg. Im Zuge des Ausbaus und der entsprechenden Kapitalbeschaffung wurde das Gebühren System 2011 modifiziert. Seit damals bezahlen die Schiffe nach einem komplexen System, welches verschiedene Parameter mit in die Kalkulation des Preises einbezieht. So bezahlen Kreuzfahrtschiffe unter anderem Gebühren pro verfügbarem Bett zur Zeit USD 134/Bett, während belegte Betten höher belastet werden als nicht belegte. Container Schiffe bezahlen pro Container USD 74, dazu kommen dann eine Vielzahl von Zusatzgebühren wie zum Beispiel für Lotsen, Pilot-Schiffe, Schlepper oder Pusher, Lokomotive-Fees für die Loks, welche die Schiffe durch die Schleusen manövrieren. RoRo*, Tanker und Lose-Gut-Schiffe bezahlen pro Tonnage und dort wiederum wird zwischen effektiver Ladung und Ballast*** unterschieden.

Ein Panamax Container Schiff, das ist ein Schiff das spezifisch auf die maximal Masse des Kanals entwickelt und gebaut wurde, hat eine maximale Kapazität von 4'600 TEU** und generiert damit Kosten von USD 340'400 vor den zusätzlichen und unvermeidlichen Gebühren.


Ein Passagierschiff, zum Beispiel die auf Panamax Standard gebaute MS Queen Elizabeth, hat eine maximale Kapazität von 2'547 Passagieren und kostet somit vor Gebühren USD 341'298 für die Durchfahrt. Der höchste je bezahlte Betrag für die Durchfahrt des Kanals soll USD 437'000 betragen haben.



Durchschnittlich werden ca. USD 120'000 pro Durchfahrt verrechnet, dazu zählen auch Segeljachten die mit geringem Gewicht und wenig Passagieren und meist ohne kommerziellen Charakter für einige tausend Dollar durchkommen. Die werden dann zusammen mit anderen nicht Schleusen füllenden Schiffen in die Schleusen gepfercht und überwinden so gemeinsam die Höhen. Noch spannender wird des mit den Preisen, wenn die Slots versteigert werden. 2006 ersteigerte ein Tanker einen Slot für über USD 220'000 und konnte so an 90 wartenden Schiffen vorbeifahren und die Schleusen vor einer 7 tägigen Schliessung für Unterhalt passieren. Der reguläre Preis hätte damals für den Tanker lediglich USD 13'430 betragen. Zeit ist Geld. Die Preis Struktur ist in einem stetigen Wandel und die immensen Erhöhungen werden von der Industrie stark kritisiert, für Oktober 2013 steht eine erneute Preisänderung an.

Aber jetzt mal weg von den Kohlen und hin zum Wasser, der Panamakanal


Durch den Panamakanal fahren pro Jahr ca. 15'000 Schiffe, die gesamte Durchfahrt von Atlantik nach Pazifik oder umgekehrt dauert ca. 24 Stunden. Traditionell werden die Schiffe in der Reihenfolge ihrer Ankunft zur Durchfahrt zugelassen, mit der Einberechnung von Ausfällen einzelner Schleusenkammern, es können auch längere Wartezeiten entstehen, stehen so jeden Tag 24 Passagen zur Verfügung, diese Slots können von den Reedereien auch vorab gebucht werden. Eine 25igste Passage versteigert die ACP jeden Tag.

Dabei durchfahren die Schiffe drei Schleusen Paare und insgesamt sechs Schleusen-Stufen. Wie eine Schleuse funktioniert brauch ich Dir nicht zu erklären, eigentlich ein Serie von gigantischen Badewannen welche mit der Befüllung bzw. Entleerung den Schiffen helfen Höhendifferenzen zu überwinden. Beim Panamakanal müssen die Schiffe während der Passage von Pazifik oder Atlantik via Gatún- und Miraflores-See insgesamt eine Höhendifferenz von 26 Metern überwinden. Oder mit anderen Worten der künstlich aufgestaute Gatún See liegt 26 müM. Beim Panamakanal wird dies mit insgesamt drei Schleusen-Paaren erreicht. Auf der Pazifikseite unweit der Hauptstadt Panama City entfernt liegen die zweistufigen Miraflores Schleusen, nicht allzu weit davon entfernt hieven die Pedro San Miguel Schleusen die Schiffe auf das Niveau des gigantischen Gatún Sees. Von dort fahren die Schiffe durch den Culebra Einschnitt, ein eigentlicher Schnitt durch das Gebierge und durchfahren eine genau definierte Fahrinne im Gatún See bis zu den gleichnamigen Schleusen. Ein gigantisches Bauwerk, die Gatún Schleusen, die dreistufigen Schleusenpaare erstrecken sich auf fast einen Kilometer. Atemberaubende Mengen von Beton wurden dort Anfang des 20igsten Jahrhunderts gemischt und im Non-Stop Schichtbetrieb mit einem eigens für den Bau angelegten Eisenbahnsystem angekarrt.

Gigantischer noch die immensen Wassermengen die der Panamakanal bei jeder Durchfahrt eines Schiffes in  Pazifik und Atlantik entlässt. Das Schleusen-System hat zwar insgesamt 88 Schleusentore und 250 Ventile funktioniert aber ohne Pumpen, d.h. nur mit Schwerkraft und die Schleusen werden mit Wasser aus dem Gatún See gespiesen, dieser seinerseits bezieht sein Frischwasser vom Rio Chagres. Mit einer kompletten Durchfahrt des Kanals werden so jedesmal über 1.9 Mio Liter Süsswasser in die Ozeane entlassen.
   

Was ist ein Panamax Schiff?


Der Panamakanal hat durch seine Abmessungen einen Standard für die Schiffsbauer auf der ganzen Welt festgelegt. Die Panamax Spezifikationen wurden von der Panama Canal Authority (PCA) festgelegt. Jede Schleusenkammer ist 305 m lang, 33.5 m breit und 26 m tief. Allerdings limitiert die minimalste Tiefe des Kanals im Gatun See von 12.56 m den absolut möglichen Tiefgang der Schiffe.

Panamax Schiffe können höchstens 294.3 m lang, 32.4 m breit sein und einen Süsswasser-Tiefgang von maximal 12.04 m haben. Somit bleiben in der Schleuse seitlich je 61 cm Spielraum, durch den Kanal im Gatún See haben die Schiffe gerade noch 1.5 m zwischen Kiel und Kanalgrund. Bei der Überfahrt der Schleusenschwellen verbleiben lediglich 60 cm Wasser zwischen Kiel und Schwelle. Ebenfalls zu den von PCA festgelegten Spezifikationen gehören technische Details, welche das Schiff von den Schlepp-Lokomotiven manövrierbar machen. Schiffe, welche die Panamax Masse überschreiten werden als Post-Panamax bezeichnet. Eine weitere Herausforderung für die Panamax Schiffe liegt darin, dass sie, wenn ihre Fahrt sie durch den Panamakanal führt, meist nicht zur maximalen Kapazität beladen sein können, da sonst der Tiefgang zu gross wird. Zudem befindet sich in den Schleusen und im Gatúnsee Süsswasser, was einen geringen Auftrieb hat als das Salzwasser der Ozeane.

9'000 Arbeitsplätze,  Treidellokomotiven oder Mulis, Schlepper und Lotsen


Ohne die Arbeitsplätze für den Ausbau des Kanals mit zurechnen bietet er rund 9'000 Leuten einen Arbeitsplatz. Ausserdem ist er eine der Haupttouristen Attraktionen des Landes und sorgt so nebst den Passage-Gebühren für weitere Einnahmen und natürlich auch für die Schaffung weiterer Arbeitsplätze.

Fast 300 Lotsen begleiten die Schiffe durch Schleusen und Kanal. 36 Schlepper stehen im Einsatz und begleiten die grössten Schiffe selbst durch den Culebra Einschnitt. Die Schiffe können in den Schleusen nicht mit eigener Kraft fahren, ein so präzises Manövrieren wäre unmöglich. Über 4'000 PS helfen ihnen dabei. Zu diesem Zwecke werden sie von, je nach Grösse des Schiffes, bis zu acht Treidellokomotiven gezogen, gebremst, gestossen oder ganz einfach in Schach gehalten. 100 dieser Lokomotiven stehen in den drei Schleusenpaaren im Einsatz. Die Lokomotiven werden elektrisch Betrieben und verfügen je über zwei 290 PS Elektro-Motoren und können via das Zahnradsystem die maximale Steigung von 45° von einer Schleusenkammer zur Nächsten problemlos zurücklegen.

Ausserdem Betreibt die PCA das Kraftwerk am Gatún-Damm, welches die Energie für den gesamten Betrieb des Kanals liefert. Auch eine ganze flotte von Schiffen werden Betrieben, unter anderem grosse Bagger-Schiffe, welche sicherstellen, dass sich der Kanal nicht mit dem Schlamm und Sand welcher vom Rio Charges mitgeführt wird füllt.

Wenn Dir dieser, zugegeben sehr technische Blog Post gefallen hat, lass es mich wissen, klicke einfach unten auf "interessant", falls der Feedback positiv ist, werde ich Dir in den nächsten Tagen auch noch in zwei weiteren Posts berichten: Einerseits über die Geschichte des Kanals wie die Franzosen einst angefangen und von Malaria und Gelbfieber, Bergrutschen und Katastrophen geplagt wieder aufgegeben haben bis zu den USA welche den Kanal gebaut und Jahre später der Kontrolle des Landes Panama übergeben haben. Und dann ein bisschen aktuelle Zeitgeschichte, der Ausbau, der zur Zeit im Gange ist und die Kapazität vervielfachen soll. 

Viele weitere Bilder zum Panama Kanal findest Du in meiner Panama Photo-Galerie.

Auf meinem englischen Blog findest Du einen weiteren, kürzeren Bericht zum Panama Canal.


* RoRo = Roll on Roll off, ein Schiff das so designed ist, dass seine Ladung in die Frachträume gefahren werden kann. Z.b. Fahrzeugtransporter
**TEU = Twenty foot Equivalent Unit, die Einheits Grösse eines 20 Fuss Containers
***Wenn ein Frachtschiff mit Frachtgut beladen ist das für die Stabilität des Schiffes zu leicht ist oder nur teilweise oder nicht beladen ist, dann fährt es unter Ballast, eine Zuladung die keinen Handelswert hat und lediglich der Stabilisierung des Schiffes dient. (So wie früher der Sandsack im Kofferaum des Heckantriebs-BMW's oder Mercedes, so dass er im Winter trotzdem noch ins Skigebiet schlingern mochte)

Rund 60 cm auf jeder Seite, Präzisionsarbeit ist gefragt

Ein RoRo Schiff wird in die Gatún Schleusen gezogen
hier auf der Höhe des Gatún Sees, Stunden später wird
der Kan seinen Motor starten und in den Atlantik ziehen

David hält Goliath in Schach

Auch für Seefahrer eine
Attraktion

Die Loks ziehen das Schiff in die erste Kammer

Kein Spielraum für Fehler

Wie in einem Lift senkt sich das Schiff ab

Keine hohe Toleranz

Ein Schiff mit Losegut wird durch die Gatún Schleusen begleitet

Als fuhr er über'n Rasen

Ein RoRo Schiff in den Miraflores Schleusen

Spannend für die ganze Familie

Mit der Crew rumalbern

Fest verkrallt in die Zahnräder halten die Loks den Damper in Schach

Ein Pilot Schiff lots den RoRo Kan von Miraflores Richtung San Pedro

Vorne ziehen, hinten stossen

Richtung Lago Miraflores

Auf dem Parkplatz bei den Gatún Schleusen

praktisch geräuschlos arbeiten die 580 PS Elektroloks



Runter gehts, in drei Stufen werden 26 Meter zurück gelegt




Kurz vor dem Ausfahren werden die Maschinen gestartet

Eigentlich ist das Kontrollhaus ein ganz...

...stattliches Gebäude.


Doppelschleusen, einer fährt aus der letzten Stufe, der andere fährt ein.

Ab Richtung Atlantik

RoRo



Blick Richtung Gatún See


Da musste einer ordentlich nieten






Die letzte Stufe bei Gatún















Feierabend





Aufgrund der Vielfalt von wo ich meine Informationen zusammengetragen habe verzichte ich auf einen Verweis auf die Source der einzelnen Informationen, diese entstammen meinen Notizen aus den zwei Kanal-Museen, aber auch Broschüren, Büchern und den offiziellen Seiten von ACP, Wikipedia und weiteren on-line Publikationen und Zeitungen. Die Photos, soweit sie nicht meine eigenen sind habe ich von Webseiten runtergeladen, welche sie nicht ausdrücklich mit einem Copyright versehen haben.

3 Kommentare:

  1. Super interessant!

    Wär ich no so es jungs Schüelerding und müesst en Vortrag über e weltbewegendes Thema halte...hey, wür glatt zume Plagöri und fräch abschriibe :o)

    Ächt spannend!

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  2. Herzlichen Dank für diesen höchst interessanten und aufschlussreichen Post und die Grosse Mühe, die du dir damit gemacht hast! Die Freude darüber ist bei deinen Lesern mindestens eben so gross.

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  3. Top
    Eines der besten Berichte über ein gigantisches Projekt.
    Vielen Dank für die große Mühe die Du dir gemacht hast.
    Dirk

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