Freitag, 9. November 2012

Ganz ohne Zitronen

Als langjährige Blogleserin oder als häufiger Blogleser kennst Du meine kleine Geschichte "Gotta Take The Lemon" von den ersten Wochen meiner Reise, hoch oben im Nordosten der USA. Heute deale ich wieder mit dem Zoll. Nur diesmal nicht mit Elvis' Best Haar-Gel Zöllnern, sondern mit zwei jungen mexikanischen Chicas. Die kommen aber nicht so schnell, die Mexikanerinnen. Zusammen mit Victor und Victor, meine zwei treuen und fleissigen Zollangenten von Beristain, braten wir ziemlich lange in der Sonne am Hafengelände und warten und warten bis die Girls endlich kommen. Sie meinten dann, sie hätten gewartet und geglaubt sie würden von uns abgeholt. - Natürlich eine nette Vorstellung die zwei abzuholen, vielleicht nicht für eine Zoll-Revision.

Sie sind sehr interessiert, die schlanke Hübsche bleibt draussen, die ein bisschen kompaktere Rundliche klettert in den blue truck und zusammen mit ihr geht's sozusagen in die Pfanne. Die, die will nämlich alles sehen, Pfannen, Tassen, Kocher, ich erkläre wie das Hubdach funktioniert, wo ich schlafe, wie ich koche, was ich esse, was in welcher Staubox ist, wie lange ich schon unterwegs bin, wohin es noch geht. Die hübsche Schlanke steht draussen an der unbarmherzig brennenden Sonne und lässt sich vom etwas scheuen und jungen Soldaten unbeholfen anflirten. Claudia, so heisst die, mit der ich drinnen bin, macht mit einer kleinen Digicam Photos von allem, jede Box die ich aufmache wird mit einem Bildchen festgehalten. Nicht für sich, wie sie wieder und wieder betont, sie sei mit all dem cool, aber ihre Chefin, die wolle das dann sehen, bevor sie die Ausfuhr absegne.

Die Flirtchancen des Militäres sinken sturzflug-verdächtig schnell. Jetzt kommt doch noch die mexikanische Version von Elvis' Best Haar-Gel daher, schnittig, aber nicht so streng wie die Uniform seines US-Pendent aber halt schon viel cooler als der Kämpfer vom Soldaten, sitzt das weisse Hemd und ein dunkelblaues Gilet, Typ Indiana Jones, über dem kräftigen Oberkörper des jungen Hundeführers. Und eben, reichlich, reichlich Gel im schwarzen Haar, soviel, dass es schon fast wieder schwul aussieht, aber hier scheint das die ultimative  Macho-Männlichkeit auszustrahlen. Sonst hätte kaum jeder zweite Mexikaner so eine schlabbrig-schmierige Haarpracht. Die Chicas jedenfalls sind sichtlich erfreut wie sich der gegelte Bursche locker vom Pick-up Truck schwingt. Der Hund, eine Art Bonsai-Deutschen Schäfers, klettert begierig über den Fahrersitz des Toyotas, schnuppert alles im Fahrerhaus des blue trucks ab. Dem scheint mein Auto auch zu gefallen, ein paar angelaufene Flecken von seiner nassen Nase an der Frontscheibe und fröhlich schwänzelt er vor sich hin. Das Publikum draussen vor dem Auto, die rundliche Kleine, die schlanke Hübsche, Victor und Victor, der Wächter vom Hafen-Areal und der brave Soldat und ich, alle stehen wir schweigend und gespannt da, dem Kommenden harrend. Was meint wohl das Hündchen? Gibt es an, oder nicht? Der Soldat nestelt ein bisschen an seinem Gurt rum, an dem in einem Lederetui unverkennbar ein Pärchen Handschellen baumeln. Ob die gleich zum Zuge kommen und er mich damit vom Hafengelände führen darf? Action, endlich! Aber das Hündchen klettert ohne wirklich anzugeben raus. Ein bisschen am Chassis entlang schnuppern und ab geht's, dort wo eben noch La Señorita Aduana sich für mein Bett und meine Pfanne interessierte, da schnuppert jetzt der Bonsai-Schäfer, dicht gefolgt vom schicken, die Chicas beeindruckenden Hundeführer. 

Ich denke an die letzten verbleibenden Möckchen von trockenem Hundefutter, die ich immer für die Streuner dabei hab. Und stell mir vor wie der Bonsai-Schäfer da plötzlich angibt als wär's ein Paket Koks. Er schnuppert, und schnuppert, und schnuppert, mit seinen Pfötchen klettert er höher und höher, unwahrscheinliches Interesse weckt bei ihm die offene, abgetaute und ausgeschaltete Kühlbox. Der riecht wohl noch das letzte Steak. Er schwänzelt fröhlich, also der Schäfer, nicht der Hundeführer. Und alle beide kommen raus. Die beiden Zoll-Mädchen, der Hundeführer, Victor und Victor, der Wächter vom Hafen und ich, alle scheinen zufrieden. Nur der Soldat, der hätte gerne auch was gemacht, der hätt' gern dem Schönling-Hundefüher die Schow gestohlen und bei den Mädchen so richtig Eindruck gemacht und Handschellen und Schlagstock gebraucht. Wurd' aber nix. Ich installiere eilig mein "RoRo nöd Chlauä" Kit und Minuten später krabbelt die unfreiwillige Zweckgemeinschaft auf die Brücke eines Nissan Pick-ups der uns zum Ausgang des Areals chauffiert. Händchen schütteln, ein paar Formalitäten austauschen, die Aduana Chicas und der Soldat verschwinden im schwarzen Jeep. Der Areals-Wächter in seiner Leuchtweste im Wachhäuschen. Der Hunde-Elvis wartet auf seinen nächsten Einsatz, Victor und Victor und ich krabbeln auf die Sitze des Chryslers von Beristain und düsen davon. Stunden später erreicht mich das E-Mail, dass auch die Chefin der dünnen Hübschen und der runden Prallen mit den Photos happy ist und die endgültigen Papiere ausgestellt würden. Das Schiff, das kommt erst am 11. November. Bis dahin bleibt der blue truck im Hafen-Sicherheitsareal, gleich neben ihm schlummern übrigens zwei britishe Original Mini's. Gewohnte Gesellschaft für den blue truck, sicher haben die drei sich was zu erzählen.




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