Samstag, 20. April 2013

Der König der Galapagos



"Da hatte ich den noch nicht" - Umberto klopft sich auf den Bauch, er ist Biologe und hatte vor über 20 Jahren einige Jahre als "Guia de la Naturaleza" (Natur-Führer) auf den schon seit 1959 zum National Park erklärten Galapagos gearbeitet. "Ich sage Dir, das waren Zeiten" seine dunklen Augen leuchten als würde ein ganzer Stausee für Strom sorgen sie leuchten zu lassen. Er wippt amüsiert von einem auf's andere Bein, fast schon sieht es wie ein Freudentänzchen aus. "Jung war ich, lange schwarze Haare, zu einem Ross-Schwanz gebunden, dunkel gebräunt war mein ohnehin schon dunkler Tain..." zu dieser Zeit gab es gerade eine Bar und eine Discothek in Puerto Ayora erklärt mir Umberto.

"Stell Dir vor, damals hatte ich auf dem Schiff als Guia wöchentlich 800 Dollar verdient, dann kam da noch Trinkgeld dazu... ich war der König der Galapagos" - Auch heute noch nicht ein Discount-Angebot dieses Natur-Spektakel zu besuchen, aber damals erklärt mir Umberto, damals war das wirklich nur was für die Reichen. "Ich sage Dir" Umberto's Augen leuchten von Neuem auf und er wippt wieder ganz amüsiert von links nach rechts und wieder zurück "ich war der König der Galapagos, die Mädchen lagen mir zu Füssen, ich hatte Geld, war dieser unwiderstehliche Latino-Typ mit den langen Haaren, der Guia de la Naturaleza, mit meinen Taschen voll Geld"  er führt mit amüsierten Bewegungen vor wie er durch das kleine Puerto Ayora schreitet, ich kann ihn mir grad vorstellen, mit seinem schwarzen Rosschwanz und ohne den Bauch den er damals noch nicht gehabt haben will. "Ich hatte eine Schweizer Freundin, damals, aus Bern kam die", aus Bumpelize doppelt  er nach. Susanna, ihr Papa hätte richtig Geld gehabt, der hätte so eine Recycling-Firma gehabt, Glas und Papier, "...richtig Geld hatte der und die wollte mich heiraten und alles" schildert Umberto. Und richtig hübsch sei die Susanna gewesen, Umberto zieht tief Luft ein, sein erst neulich zugelegter Bauch geht rein, sein Brustkasten kommt raus, mit beiden Händen führt er mir dazu vor seiner Brust seine Definition von richtig hübsch vor. Unterdessen atmet er wieder, der Bauch ist wieder da, der Brustkasten wieder an seinem Platz. Er sei sogar zweimal in die Schweiz gereist, Bumpelize, Susanna und den reichen Papi besucht und alles... Was dann den König abhielt eine Schweizer Braut zur Königin oder doch mal mindestens zum Prinzesschen zu machen, ich weiss es nicht. Das war aus der weiterhin von heller Begeisterung geprägten Erzählung von Umberto nicht auszumachen. Vielleicht war der König der Galapagos auch einfach zu beschäftigt während seinen freien Stunden in Puerto Ayora.  

Heute lebt der Insel-König im Exil, hoch oben in den Anden, in der hübschen Kolonial-Stadt Cuenca. Der Glanz weicht aus den eben noch so begeisterten Augen, statt des geraden Rückens und der zur Schönheitserklärung seiner Susanna so aufgeplusterten Brust wirkt er jetzt geradezu ein bisschen zusammengesunken. Nichts mehr mit dem Galapagos-Tänzchen. Sein Brustkasten scheint auf dem eben noch so jugendlich eingezogenen Bauch zu sitzen. Über den Streit mit seinen acht Geschwistern um das Vermächtnis seines Papas, ein grosses Stück Land unmittelbar an der Stadtgrenze, berichtet er. Alle wollen mehr, noch ein Haus, noch eine Werkstatt, noch ein Abstellplatz vermieten für einen Bus. Nur noch bis seine Kinder mit der Schule fertig seien, solange wolle er sich noch hier aufhalten, dann nichts wie ab in die Berge "...ich bin Biologe, ich brauche die Natur, die Vögel (auf den Galapagos war's da wohl noch ein Ge... vornedran, Ihre Hoheit, Herr König), den Wind das Wetter, hoch oben im National Park Las Cajas habe ich vor Jahren eine kleine Finca gekauft..." daraus wird dereinst wohl das zweite Exil des Königs.


Tatsächlich, später am selben Tag buddelt ein vielleicht 14 oder 15 jähriger Bursche verschiedene Löcher, genausten misst er mit einer blauen Schnur und einem Messband die Parzellen ab, schlägt zuerst eine Holzpfahl ein, darauf dann die Schnur, schnurgerade eben, um genau eine strikte Linie zu ziehen. Dann gräbt er ein Loch hier, eins da, unmissverständlich für Mark-Steine. Dazu streitet sich Umberto mit zwei seiner Schwestern herzhaft. Pläne werden geholt, im feuchten Gras ausgerollt, ein Schwager wird zur Verstärkung per Handy dazu geordert und rollt alsbald in seinem Suzuki Vitara daher. Der junge Bursche weiss gar nicht mehr was und wo, die Geschwister streiten, verhandeln, jede und jeder scheint eigene Pläne zu haben und sie dem Burschen direkt und unvermittelt in Auftrag zu geben. 

Ach wie schön war's doch als König der Galapagos.


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