Sonntag, 2. Dezember 2012

Die Panne

Na da hatt' ich ja nochmal Glück, dass jetzt nicht meine Achse so in de Wüste liegt.

Also, hier kommt Trost für all die Reisenden, die schon mehrfach vom Pannenteufelchen Besuch hatten. Knapp vor seinem 90tausendsten Reisekilometer auf der Panamericana und rund 7'000 Kilometer bevor der Toyota die 200'000 Kilometer-Marke am Zähler überschreitet, klagt er nun doch noch über Beschwerden. 

Bis jetzt ist er ja tatsächlich wunderprächtig gelaufen. Eine ausgerissene Schraube des von mir eingebauten Batteriekastens und die doofe in Deutschland in seinem ersten Leben eingebaute Wegfahrsperre die aufgab und natürlich normale Wartung, Luft- und Dieselfilterwechsel, Öl- und Filterwechsel und ein Satz neue Bremsklötze vorne, war alles was er bis jetzt brauchte. Und Reifen natürlich, der Dritte Satz ist jetzt drauf.

Die letzten Tage hatte ich aber nicht nur bei den Wayúu an Ziegenknochen genagt und Tanzfestivals mit ihnen gefeiert (Story folgt), sondern ich habe den blue truck auf einer brutalen off-road Schlacht verführen wollen, mich doch zum während der jetzigen Regenzeit offiziell unerreichbaren nördlichsten Punkt des Kontinentes, zum Punta Gallinas zu befördern. Nach zweieinhalb Tagen unermüdlicher Versuche und andere 5 Fahrzeuge vor- oder rückwärts aus den Schlammlöchern ziehen, musste ich mir dann eingestehen, dass es keine Möglichkeit gibt zur Zeit dort hin zu kommen. Ehrlich gesagt, natürlich erst nach dem ich selbst knietief im Schlamm steckte und nur dank der flotten Hilfe eines kolumbianischen Land Cruiser Fahrers wieder rauskam. 

Viel nass, viel Schlamm, viel Dreck im Norden von La Guajira.
Wenn ich nun schon hier bin, dachte ich mir, dann fahre ich wenigstens um die Halbinsel La Guajira und bin vom Norden dann am dritten Tage, nach dem ich um die Mittagszeit aufgab, Punta Gallinas zu erreichen, Richtung Süden gefahren. Über die Berge durch den National Park Macuira wurde dann die Piste so steinig und felsig, dass ich über eine hohe Felsstufe mit der Hinterachse kurz aber heftig aufsetzte. Eine visuelle Inspektion zeigte mir, dass ich mir die Gewinde-Ende der Achsbrieden, mit denen die Hinterachse via Blattfedern unters Auto gespannt ist, ordentlich verbogen hatte. Der Rest des Tages verlief weiterhin spannend und ich kam wieder in tiefere und aber auf der Südseite auch viel trockenere Regionen. Nach viel Schlamm und Felsen nun der Sand. 

Trocken und felsig im Südosten der Halbinsel.
Wie ich vor allem nach GPS Heading und Kompass navigierend, es gibt hunderte, wirklich hunderte kleiner Strassen im Süden der Insel wieder Richtung Nordwesten fuhr, fand ich in einem ganzen Wald von Kakteen einen prächtigen Platz zum nächtigen.

Na da soll sich mal einer anschleichen heute Nacht, das tut weh, bevor ich meinen Bärenspray oder die Machete raushole.
Am nächsten Morgen nochmals unters Auto schauen, Status Quo. Ein bisschen krumm aber nicht weiter schlimm, dachte ich. Ersetz ich dann in Bogota oder Medelin. Noch habe ich schätzungsweise so zwischen 80 und 100 Kilometern hardcore off-road vor mir, vor allem gibt es je weiter ich in Norden komme auch wieder mehr und mehr und tiefere Schlammlöcher. Bei einer tiefen Senke voll gefüllt mit trübem halbangetrocknetem kleberigen Lehm und vor lauter Bäumen keine Umfahrungsmöglichkeit, bleibt mir nichts anderes übrig als den Toyota mit viel Würgen und Krachen und Einsatz von hohen Drehzahlen, Untersetzung und Differenzialsperren durch das dickklebrig-hartnäckige Töpferei-Rohstofflager zu plagen. Dabei verwindet er sich bei der unebenen Ausfahrt aus der Senke ganz ordentlich. Ich fahre noch einige hundert Meter und denke, ich sollte mir doch nochmal die Hinterachse anschauen. Tatsächlich die Kräfte dieses Manövers haben ausgereicht den Gewindebolzen an der durch den Schlag und das abdrücken ordentlich geschwächten Stelle, abzuscheren. 

Nicht hübsch.
Keine gute Sache, vor allem, da ich noch weitere rund 80 Kilometer Strecke, von mir ungewissem Zustand, vor mir habe. Es ist erst morgens um 09:00 Uhr aber schon schätzungsweise um die 35°C heiss. Ich fahre den Toyota auf ein paar Bretter und lege mich darunter um mal alles anzuschauen, zuerst muss ich ein paar Klumpen Lehm wegklauben um überhaupt zu sehen wie's da so dreinschaut. Die Lage ist schnell eingeschätzt, ich brauche eine Möglichkeit um die Kräfte die die Briede aufnahm, mindestens zum Teil durch einen Ersatz zu tragen. Mit zwei Spanngurten mit Ratschenverschluss ziehe ich das Federpaket mit dem Herzbolzen wieder weitmöglichst unter die Achse. So geht die Fahrt dann weiter, zum Glück nicht ins Ungewisse, denn ich hatte schon auf dem Hinweg gesehen, dass es in der kleinen Stadt Riohacha noch gut 180 Kilometer weiter, eine brandneue Toyota-Vertretung gibt. Die Fahrt durch Schlammlöcher und über eingetrocknete ausgefahrene Lehm- und Erdpisten gehe ich sehr, sehr langsam an und alle 10 Kilometer checke ich wie's denn meiner Hinterachse geht und spanne wenn möglich die Gurten nach. Nur gelegentlich vernehme ich durch ein durch die Verwindung entstehendes Klacken, dass da was nicht ganz im Lot ist.

Die Notreparatur.

Morgen früh geht es auf zur Toyota-Werkstatt, ich hoffe, dass die mir helfen können mit den Ersatzteilen oder diese sonst von nicht allzu fern bestellen können. Ich berichte wie's weiter geht. 


Für alle pannengeplagten Reisenden, sag ich jetzt Trost: You are not alone!  


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