Montag, 17. Oktober 2011

Guns & Roses

Ich sitze vor einem Kaffee in San Jose de Cabo, gerade schlendert eine schlanke, elegante Mitte Fünfzigerin mit einem eingewickelten Sträusschen Rosen vorbei. Ein grauer Panzerwagen stoppt wenige Meter entfernt von meinem Tischchen. Pump-Action, kugelsichere Weste, ein Patronengurt voller grosskalibriger Patronen, schwarzgraue Uniform, grosse, goldig eingefasste Sonnenbrille, so steht da plötzlich ein Herr mit sauber rasiertem Bärtchen, graumelierten Schläfen und eben dieser Pump-Action im Anschlag vor mir. Ein bisschen erstaunt, gucke ich von meinem Tischchen hoch und grüsse freundlich, ein Kopfnicken seitlich über die Schulter erwidert meinen Gruss. Der amerikanische Ford F-350 Panzerwagen steht brabbelnd in der Einfahrt, der Wachmann schlendert in seiner Uniform hin- und her, gelegentlich einer Frau hinterher schauend, dann und wann wischt er sich mit der flachen Hand den Schweiss von der Stirn und streift die Handfläche an seiner Uniformhose ab. Der Fahrer sitzt hinter der kleinen, getönten Frontscheibe des Geldtransporters. Die Frontscheibe ist zweiteilig, in der Mitte hat es eine von innen mit einer Klappe verschlossene Schiessscharte. Eben eine solche in der Beifahrertüre. Der Laderaum wird von der rechten Seite des Wagens geöffnet. Links davon eine weitere Schiesscharte, rechts davon ein kleiner Parabolspiegel, ein kleines Fenster und ein aus Aluminium gegossenes, in abgeschossenem rot, weiss, grün gehaltenen Wappen der Sicherheitsfirma, ein geflügelter Drache der mit gefletschten Zähnen züngelt. Es muss mir entgangen sein, wie die zwei weiteren Sicherheitsmenschen blitzschnell und unauffällig ins Haus gegangen waren, weil - ich wohl von den Röschen abgelenkt gewesen. Der Pumpaction Mann stellt sich direkt vor die Türe, ein filmreif aussehender Ledernacken mit rasierter Glaze, mit der obligaten Sonnenbrille, in Kugelsicherer Kluft tritt aus der sich mit einem Schlag öffnenden Glastür, während er strammen Schrittes aus der Türe jagt, zieht er seinen Trommelrevolver zwei Drittel aus dem Futteral, den Zeigfinger am Anschlag, das blanke Metall blitzt im Sonnenlicht. Ein dritter, sichtlich älterer Herr wird sofort von den anderen zwei in die Mitte genommen, auch er mit schusssicherer Weste, in der linken Hand einen durchsichtigen Plastiksack mit einer Aluminium Geldkassette, in der rechten den Trommelrevolver. Strammen Schrittes und so eng beieinander wie frisch Verliebte schreiten sie zum Panzerwagen, der Pump Action Mann dreht sich dabei zweimal um seine eigene Achse und sieht dabei aus wie das tanzende Püppchen auf einer Musikdose. Mit dem Rücken stellt er sich gegen die Wand des Wagens, mit metallenem Knacken schwingt die schwere Türe auf, der Senior mit der Geldkassette wird vom Wagen verschluckt, der Ledernacken dreht sich um und steigt äusserst routiniert rückwärts die drei Stufen hoch während sein Kopf wie auf einem Kugellager von links nach rechts und wieder zurückschwenkt und die Augen hinter der Sonnenbrille wohl das Gebiet abscannen, dann verschwindet sein Revolver auf der Höhe der letzten Stufe im Futteral. Klonk, die Panzertür fällt ins Schloss, die ebenso massive Beifahrertüre schnellt auf, der Dritte schwingt sich auf den Beifahrersitz, der Ford V8 heult auf, die Türe fällt mit einem dumpfen Ton ins Schloss. Die Dame mit den Rosen ist schon längst im nächsten Geschäft verschwunden. Mein Espresso vor lauter Staunen kalt.

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