Sonntag, 25. September 2011

Mexico


Ein Geier wird von seinem Sitz auf einem Strommasten gescheucht ein Artgenosse macht ihm das Plätzchen streitig. Die Sonne brennt. Die Hitze flimmert über dem salzig-trockenen Delta des Colorado Rivers zu meiner Linken. Sand, Wüste, kahle Berge zu meiner Rechten. Heiss weht der Wind durch die offenen Fenster des Toyotas. Schlappgemacht hat das Thermometer, noch in den USA haben sie aber im Radio gesagt es sei 107 Grad Fahrenheit, das müssen nahe bei 40°C sein und ich denke, seit ich die Grenze passiert habe ist es nichts als noch wärmer geworden. Der Toyota knurrt zufrieden, auch wenn es heiss ist, er mag diese tiefen Regionen nahe der Meereshöhe viel besser als die hohen Berge mit dünner Luft. – Baja California, Mexico.
Sonnenaufgant über der See von Cortez
Die Grenze in Mexicali habe ich erfreulich einfach passiert. John, der Ehemann von Silvia, welche ich in Redondo Beach, Los Angeles besucht hatte, riet mir diesen Grenzübergang zu nehmen. Jenen, ausserhalb der Stadt vom Interstate 8 links weg, auf California 7 direkt an die Grenze. Das war ein guter Tipp. Es gibt keine Schlange am Zoll, ich schleuse mich um die farbigen Abschrankungen durch die „nothing to declare“ Linie. Ein rotes Licht, eine Barriere, ein grünes Licht die Schranke zischt hoch und vibriert an ihrem oberen Totpunkt wie eine Palme im Hurricane, schon bin ich in Mexico. Mein Pass steckt noch im Hemdentäschen, ungestempelt, als ich realisiere, dass ich ja schon Richtung City unterwegs bin. Staub und Kies raschelt im Radkasten des blue truck, mit einem grossen Bogen ziehe ich einen Halbkreis um ein Verkehrsinselchen und fahre zurück an den Grenzposten. Ich sehe ein grosses weisses Schild über zwei Aluminumtüren mit tiefgetöntem Glas „Banjercito“. Das ist schon mal gut, denn ich weiss, dort muss ich mein Auto temporär nach Mexico einführen. Wissend, dass das erst geht, wenn ich auch mich selbst korrekt als Tourist deklariert habe, steure ich auf einen Beamten zu der vor dem Häuschen der Zollstelle im Schatten steht. Ich blabbere mit meinem verrosteten Spanisch etwas von Migracion, der Señor ist äusserst freundlich, erklärt mir schön langsam und deutlich auf Spanisch wo ich lang gehen muss, in welches Gebäude und dass ich dort direkt im Parterre läuten soll. Ich sehe mich selbst doppelt spiegelnd in der Sonnenbrille einer hübschen, jungen Zöllnerin der ich die Tür aufhalte und gleich nach ihr in das grosse Foyer des Zollgebäudes schreite, sie verschwindet flux hinter einem paraventähnlichen Trennwändchen. Ein Glöckchen, so eins um mit der flachen Hand draufzuhauen, wie es sie in kleinen Hotels manchmal noch an der Rezeption gibt, so eines steht auf einer langen Theke. Mit einem sanften Schlag auf das Glöcklein erklingt ein, einer Stimmgabel ähnlicher, in der grossen Halle schallender Ton. Es raschelt hinter der Wand und ein Herr Anfang 60 guckt mich über seine tief auf der Nase sitzende Brille an. Sein weisser Schnurrbart tanzt auf und ab, als er mir mit einer Mischung aus Spanisch und Englisch sehr freundlich erklärt, was ich auf dem Formular das er mir hinschiebt ausfüllen muss. Kaum mehr Informationen als bei einem Hotel Check-In werden verlangt. Er kritzelt noch das eine oder andere auf den Zettel, gibt mir dazu einen kleinen Zettel der aussieht wie die schlechte Kopie einer Sekundarschulprüfung bei der sich ein jeder gedrückt hatte, die Tonerpatrone des Kopierers im Lehrerzimmer endlich auszuwechseln. Mit diesen Papieren schickt er mich raus, zum Banjercito, bezahlen kommt zuerst. Im Banjercito hat es 3 junge Girls und ich bin der einzige Kunde, mit einem freundlichen „Hello“ begrüsst mich eine der Señorittas und strahlt mich an. Logisch, sie peile ich an. Eine Glasscheibe trennt mich von ihrem Arbeitsplatz, ich reiche ihr die Papiere die mir der weissschneuzige Herr mit auf den Weg gegeben hat durch den schmalen Schlitz. Ein bisschen hin, ein bisschen her, die Girls schnattern so schnell wie ein Porsche auf der deutschen Autobahn dahinbrettert miteinander - ich verstehe kein Wort. „How pay you want, Sir?“ fragt sie mich – ich muss sie angesehen haben mit einem grossen Fragezeichen auf meiner Stirn, jedenfalls doppelt sie nach bevor ich fragen kann, in US Dollars, Pesos oder Tarjeta (Kredit Karte). „Tarjeta.“ Alles geht ganz zügig, ich bekomme eine ausgedruckte Quittung, den kleinen Abschnitt des Credit Card Terminals und werde zurück zum Schnauzer geschickt. Schallend ertönt die Klingel in der Halle, der Herr erscheint mit meinem Pass, ein paar Formulare ausfüllen, ein Bostich schnattert, ein paar Stempel knallen und ich habe meine Tarjeta de Turistico. Zurück zu den Girls, jetzt geht es an die Einfuhr des blue truck. Später werde ich wissen, weshalb mich keine mehr anstrahlt zur Wiederbegrüssung. Der Prozess für den Wagen ist wesentlich aufwendiger als für Personen. Viele Formulare, Kopien von Ausweisen, ein Depot per Kreditkarte, welches ich wieder bekomme, wenn ich dann mitsamt dem Auto Mexico verlasse. Immer freundlich mit einer guten Mischung aus Spanisch und Englisch erklärt mir die Señoritta alles. Alsbald habe ich einen bunten Kleber auf dem Finger und ein paar von mir zuvor unterzeichnete Formulare in der anderen Hand. Der Kleber „Hologramo“ klebt an der Scheibe, noch eine letzte Hürde vor dem Verlassen des Areals. Ein eindrücklicher Revolver schaukelt auf der Hüfte der jungen Frau die mich kontrolliert. Der Kleber ist vorschriftsgemäss angebracht. Woher ich komme, wohin ich wolle – Aus der Schweiz, wow, durch das ganze Land und dann im Süden wieder raus, staunt sie. „Todo bien, Adjos“. Der ganze Prozess, zwar kompliziert, aber erfreulich wie freundlich mir alle begegnet sind. Was für eine erfrischende Erfahrung nach den immer sehr pseudo-autoritären Immigration Officern der USA. Manchmal bringen die schwer bewaffneten Typen nicht mal ein „Hello“ oder „Goodbye“ von den Lippen in ihren schwarzen mit Ami und Staatswäppchen verzierten Uniformen. 
Unterwegs auf Mex 5

Einsamer Strand an der Westküste von Baja California

1 Kommentar:

  1. Schön, dass es so gut geklappt hat mit der Einreise und danke für die eindrücklichen Bilder!

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