Montag, 29. Dezember 2014

Grimaldi Tag 3: Zarate - Reinrausreinraus...

19. November 2014   …als der Wecker mich aus dem Traum reisst. Frühstück, Kaffee, eine erfrischende Dusche das muss es sein was ich gesucht habe, ist mein erster verschlafener Gedanke. Der Traum, gestern Nacht, weisst noch?


Ein stetes Reinraus-Reinraus am 3. Tag

Ein Blick aus dem Kabinenfenster verrät den Wetterwechsel. War es gestern Abend noch schwül warm, so landen jetzt die Regentropfen vom Wind getrieben lautlos auf der dicken Kabinenscheibe. Die leichten kaum spürbaren Vibrationen der Hilfsmotoren lassen die Tröpfchen unmittelbar nach der Landung auf dem Glas nervös zittern, sich mit zwei, drei Kumpanen zusammenzuschliessen um gemeinsam der Scheibe entlang runter zu sausen und sich auf dem Messingrahmen mit wieder solchen Tropfen zu Teams und zu kleinen Bächlein zu vereinen.


Drinnen bei Regen
Auf Deck haben sich grosse Pfützen gebildet. Es regnet nur kurz heftig, lässt sich aber dann fast den ganzen Tag auf ein leichtes Regnen ein. Gelegentlich, wenn die Sonne sich durch das Grau zu behaupten versucht, mach ich mich auf rauf Deck um dem Treiben der Be- und Entladung zu zuschauen. Auf einem Platz der gestern noch leer stand stehen heute eine Menge neuer Audis in Reih und Glied, die Audis sind alle über Motorhaube und Dach und am oberen Teil der Türen und Seiten mit weissem Plastik verklebt, was ihnen unabhängig ihrer Farbe eine eigenartige Einigkeit verleiht und es schwierig macht die verschiedenen Modelle und Typen zu erkennen. Ein einziger mächtiger Q7 und ein weisses A4 Cabrio stechen aus der Masse der A1, A3 und Q3’s die kaum zu unterscheiden sind heraus. An die Audis reihen sich einige millimetergenau auflinierte Ford Transit Busse, alle weiss mit tiefschwarz getönten Seitenscheiben.


Arbeiten an Deck im Nieselregen
Die Autos müssen über Nacht aus dem Grande Francia Bauch gerollt sein. Auch die Schlange der gau-grünen Drescher ist viel länger geworden als sie noch gestern Nacht war. Vorne auf dem offenen Deck werden Container umgelagert, oder hochgefahren und von einem grossen roten Container Stapler gepackt und aufeinander geschichtet. Alles scheint relativ geruhsam und ohne viel Hektik abzulaufen. Auf- und Abladen passieren parallel und es wird immer mal wieder was rausgekarrt während eine endlos scheinende Reihe von Fiats und VW Pick-Ups in grossen Abständen ins Schiff rollt.



Eigenartig, obwohl ich hier an Board nicht wirklich was zu tun habe, vergehen die Stunden seltsam schnell. Schon ist wieder Zeit zum Essen, diesem feinen mehrgängigen italienischen Menu. Während sich die anderen Passagiere bei jedem Essen über die Reichlichkeit desselben auslassen und erstaunlicherweise doch immer fast jeden Gang mit- und aufessen, geniesse ich es einfach. Auf die Linie gucken kann ich dann daheim wieder. Gelegentlich gibt mir das ständig gleiche Thema schon fast ein bisschen auf den Sack. Der eine erzählt, dass er daheim kaum Fleisch esse, während er sich ein Stück Kalbs-Blätzli in den Mund stopft, erklärt er wie wenig der Körper Fleisch brauche und überhaupt. Eben, das Essen ist wirklich gut und ebenso reichlich wie gut.

Der Nachmittag verläuft wenig anders als der Vormittag, ausser dass wir uns noch ein bisschen im bordeigenen „Fitness-Raum“ versuchen. Ein Stepper, ein Laufband, eine Sprossenwand, eine Rudermaschine und ein Velo kreisen einen in der Mitte stehenden Tischtennis-Tisch ein. Na das ist doch schon mal gar nicht schlecht denke ich. Ursi stellt sich aufs Laufband und sprintet los, ich setzte mich auf die Rudermaschine, die quietschend und kreischend mehr oder weniger funktioniert. Mattieu und Gwen, die Land Rover Crew aus der Normandie gesellen sich alsbald zu uns, nach ein bisschen Ping-Pong stellt sich Gwen auf den Stepper und Mattieu versucht sich an den Gewichten. Ein eigenartiges Quietsch- und Klapperkonzert wird von den verlotterten Sportgeräten gekreischt. Aber ohnehin bin ich der einzige der das wahrzunehmen scheint. Alle anderen haben ihre iPod Zäpfchen in den Ohren. Einen wunderbaren blauen See stell ich mir vor, mit Bäumen und gelben Rapsfeldern während ich der grauen Wand im fensterlosen Raum entgegen rudere. Der Wechsel aufs Velo ist von kurzer Freude. Eine kleine Öllache unter dem Hometrainer lässt schon erahnen, dass da was nicht zum Besten steht mit der Maschine. Bei jeder Umdrehung der Pedale scheinen diese kurz vor dem oberen Totpunkt zu klemmen, ich drück ein bisschen an den Programmen rum, kaum eine Veränderung. Wie ich den Strom ganz abhänge geht es besser aber halt praktisch ohne Wiederstand. Sozusagen den Wind im Rücken. Nach dem Wiederanschliessen geht alles gut für fünf Umdrehungen oder so. Ein bisschen wenig um fit zu werden, oder was denkst Du? Ich wär ja nicht ein alter Mech, wenn ich nicht versuchen würde das Ding in Gang zu bringen. Bewaffnet mit dem Schweizer-Sackmesser kehre ich wieder zurück in den Fitnessraum, nur um festzustellen, dass die Gehäuseschrauben dermassen tief im Gehäuse versenkt sind, dass der Sackmesserschraubenzieher nie und nimmer bis zur Begrüssung der Schräubchen vorstossen kann. Ich häng den Strom nochmals ab und tret‘ halt mal ein bisschen in die Pedale bis sich das ganze Ding so verharzt, dass ich keine Umdrehung mehr hinkriege. Ein bisschen Übungen mit den Gewichten und gut ist für heute.

Der Regen hat nachgelassen und auch wenn mir scheint ich hätte eben erst zu Mittag bekommen, ist schon bald wieder Zeit fürs Abendessen. Nach der Dusche genehmige ich mir ein Bierchen zum Apero und schaue dem Treiben unten auf der Rampe zu. Zwischen den vielen Fiat und VW’s rollen jetzt auch ein halbes Dutzend Audis verschiedener Modelle an, zweien geht noch bevor sie auf dem Schiff sind der Sprit aus. Die leeren da wohl nach der Produktion nur einen Fingerhut voll Treibstoff rein. Die Hafenfahrer stehen neben den neuen weiss verklebten Autos und warten, rauchend und gelangweilt, bis ein Pick-Up Truck mit einem Tank auf der Ladefläche anbraust, der Fahrer steigt aus, schüttelt Händchen und nach ein bisschen plaudern pumpt er ein paar Schlucke Treibstoff in eine schmutzige rote Giesskanne. Nach langem gemeinsamen rumsuchen und rumdrücken springt der Tankdeckel endlich auf. Die Kanne ergiesst sich in den Tank. Des Audis Herz erwacht zu neuem kurzem Leben. Beim nächsten Wagen weiss der Betanker schon wie er den Tankdeckel öffnen muss. Das ist gut, so bleibt ein bisschen mehr Zeit mit dem Fahrer zu plaudern. Die letzten zwei Audis stehen noch auf der Rampe, da kommen die ersten schon wieder raus und nach und nach rollen alle sechs wieder vom Dampfer, da ist wohl was schief gelaufen mit der Logistik.


Nach dem Abendessen werden viele rechtsgelenkte VW Pick-Ups aufgeladen, ich vermute die werden an Bord bleiben, bis das Schiff in Tilbury in England anlegt. Oder werden die gar irgendwo wieder abgeladen und von einem anderen Schiff nach Indien, Australien oder sonst in eines der Länder geschippert wo man noch immer dem Fahren auf der verkehrten Seite frönt? Ich bleibe an Deck bis sich die Sonne hinter den imposanten riesigen Parkflächen der Neuwagen verdrückt. Zeit auch für mich, mich zu verdrücken, in meine Koje. 


Maschinen und Fahrzeuge die mit der Grande Francia nach Argentinien kamen. 


Fleissiges Arbeiten auf dem Cargo Deck.


Riesige Maschinen stellen die Grössen an Bord ins richtige Licht


Die Sonne setzt versinkt am Horizont von Zarate, hunderte von Fiats und VWs sind aufgeladen, Landmaschinen und Audis kamen von Bord.


1 Kommentar:

  1. ...und mittendrin ein blauer Truck der schon soooooo viel mehr erlebt hat als all diese Grünschnäbel direkt ab dem Förderband ....

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