Donnerstag, 7. April 2011

No Souveniers

Heute hab ich eigentlich gar nicht so viel grandioses gemacht. Und trotzdem ein ganz toller Tag. Viele Nächte verbrachte ich in Wäldern und auf National Forest Campingplätzen bevor ich nach Flagstaff kam und hier die letzten zwei Nächte in einem Hotel verbrachte. Der blue truck bekam bei Lindlay Toyota heute Morgen endlich einen Oelwechsel und einen neuen Oel- und Dieselfilter spendiert, der Dieselfilter hat die Tendenz hier mit dem amerikanischen Low-Sulphur-Diesel schneller zu zumachen als zu Hause. Während ich warte bis die Arbeiten abgeschlossen sind hab ich eine nette Unterhaltung mit Sheila, sie hat vor vielen Jahren einen Schotten geheiratet und so tauschte sie mit mir ihre Erfahrungen in Europa gegen meine in den USA.


Mit frischem Blut im Kreislauf nagelte der blue truck mit mir in den Walnut Canyon, unweit von Flagstaff. Um 1250 hatten sich dort aus bis heute unbekannten Gründen sämtliche Menschen aus ihren Siedlungen verzogen. Deren zu Hause ist aber zum Teil bis heute erhalten. Diese frühen Siedler dieser Gebiete lebten unter den Felsvorsprüngen direkt über dem mehrere hundert Meter tiefen Canyon. Zum Teil stehen die Mauern noch, mit welchen sie so mit nur einer Mauer ein zu Hause schaffen konnten. Die Felsen sind heute noch schwarz verfärbt, das müssen ja die reinsten Raucherhöhlen gewesen sein. Wird hier im Winter ja auch richtig kalt, auf ca. 2000 Metern Höhe. Unwahrscheinlich was hier für ein Raubbau an so wertvollem Kulturerbe getrieben wurde. Ich habe einen Bericht gelesen einer Reisenden, die um 1890 die Stätten besucht hatte und beschrieb wie hart es war Steine aus den Mauern zu klauben und wie viel sie rumhacken musste um im Erdreich viele hundert Jahre alte Sandalen, Topfscherben und Speerspitzen aus zu graben. Dem wurde zum Glück 1920 ein Ende gesetzt und alles wurde zu einem National Monument erklärt und unter  Schutz und Verwaltung der damals noch ganz jungen US National Parks gestellt. Heute dabei erwischt zu werden was zu klauen macht wenig Spass, nicht nur Geldbusse bis USD 150'000 sondern gleich auch mindestens 6 Monate bis zu 5 Jahren arizonisches Kittchen warten da auf einen. Ich bin zweimal an solchen "Arizona State Correction Facilities" vorbei gefahren. Das sind wenig erquickende Orte. Wie übergrosse Legoklötze stehen die Gebäude mutterseelen alleine in der Wüste mit einem ersten Gehege rund um die Gebäude, dann so 50 Meter Staub und Sand, dann eine zweite Tranche eines noch grösseren Zauns, die Gebäude haben keine Fenster. Unter einem Vordach kann ich einige aneinander gekettete Gesellen erkennen die in leuchtorangen Overalls ihren täglichen "Ausgang" geniessen, irgendwo auf einem Dach schrauben ein paar  ebenfalls orange Männchen an einer Klimaanlage rum. Umzingelt sind sie von vier in schwarz gekleideten Aufsehern, die alle ein grosses Gewehr mit dem Kolben in die Hüfte stützen und den Lauf bedrohlich in die Luft strecken. - Nein, Souveniers aus dem Walnut Canyon brauch ich keine.




Auf dem Parkplatz treffe ich "the King of Colorado" eigentlich Eberhardt aber das konnte hier niemand ausprechen, so bekam er den übernahmen King. Er lebt seit 1957 in den USA. Zur Zeit in Colorado, er ist ein grosser Jeep Enthusiast und wurde magnetisch von meinem Auto angezogen. Wir haben uns lange über Autos, Reisen und Geländefahrten unterhalten, er gab mir gute Tips für Colorado, auf einer Karte zeigte er mir wo ich tolle Strecken auf kaum bekannten Pfaden mit dem Auto wandern könnte. Er hatte nichts als Lob übrig für mich, da mitten in meinem Leben einfach mal alles an den Nagel zu hängen und los zu ziehen. Am Schluss als ich schon im Auto sass und der Diesel schon fröhlich vor sich her nagelte kam er nochmal gesprungen und drückte mir ein Buch in die Hand, über alte Pfade und legal befahrbare Strecken in Colorado, ich konnte kaum richtig danken, war er schon Richtung Wanderweg in den Canyon verschwunden. Und ich hab nicht mal seine Adresse.

Nochmal in Flagstaff verdrücke ich eine superfeine Pizza, mal richtig mit dünnem knusprigen Boden, nicht diese von den Amis geliebten Dinger wo man meint man Esse ein Stück Brot mit Pizza Belegung. Dort treffe ich ein lustig flippig junges Hippiepärchen, die sind zwischen Champions-Leag und viel Barcelona fanen eben auch wieder sehr an meiner Reise interessiert. Spannend wie hier in Flagstaff alle Leute total auf Outdoor aus sind, sofort Tips wohin ich wandern soll. Eine absolut herzerwärmende Liebe für den Grand Canyon und seine Ausstrahlung. Und wieder ein bisschen Fussball - "...tell me about Zurich" - ooooooh und ein Goal von Barcelona! - "...so Zurich, how is Zurich?" - und schon wieder Fussbal und dazwischen ein Stückchen Pizza und ein Schluck Eistee. Der hat hier im Süden der USA übrigens nichts mit dem süssen Zeugs zu Hause zu tun, sondern ist richtiger Schwarztee, der in grossen Töpfen im Restaurant gebraut wird und in einem Glas bis zum Rand mit Eis gefüllt und einem Zitronenschnitz serviert wird, wirklich fein. Hab ich in Dallas lieben gelernt. Er schaut Fussball, sie will alles über meinen Trip wissen, dazwischen noch schnell ein bisschen SMS schreiben, ein bisschen Fussball gucken... "...so cool, and you built that truck yourself to live in it..." - "That is so cool..." und dann verabschiede ich mich auch schon und lasse Frazetti's Pizza, das flippige Hippiepärchen und Flagstaff hinter mir.

Kurz nach Flagstaff biege ich auf eine kleine Forest Road ab und fahre durch wundersam bunte Hügel und staubig, sandig und bisweilen ganz steinig holprige Strassen ins Indianer Ort Leupp, dort hält mich aber nicht viel ausser einem kurzen Stopp an der Tankstelle. Und ich fahre nur noch wenige Meilen weiter in einen State Park wo ich mir morgen einige Ruinen ansehen will und dann gleich weiter Richtung Osten fahren. Nach dem ich mit dem lustigen Päärchen von zwei etwa 70 jährigen Frauen, welche hier den Campingplatz als Freiwillige betreuen ein bisschen gewitzelt habe kommt schon bald Adolf zu Besuch. Adolf hat sein Leben lang in Deutschland Bergwerksarbeit geleistet und ist schon viele Jahre pensioniert. Zusammen mit seiner Frau flog er 1996 nach Amerika und hat sich hier ohne jegliche Englisch Kenntnisse ein Wohnmobil gekauft, damit gleich neun Monate rumgereist um es dann mit nach Deutschland zu verschiffen und den deutschen TÜV mit dem Amiding herauszufordern. Seit damals waren sie unterdessen 9 mal in den USA und Canada unterwegs, haben das gute Teil immer wieder hin und her geschickt und zu Hause auch einen grossen Teil Europas damit bereist.

Ein richtig heftiger Wind lässt mich schon bald in den blue truck kriechen und in der Nacht regnet es seit über einem Monat zum ersten Mal wieder.

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