Samstag, 12. Januar 2013

Kolumbien

Botero's Mona Lisa
Eine ganz dicke Mona Lisa von ganz nahe. Die zwei grossen Türen stehen weit offen, zwei Wachmänner begrüssen Dich freundlich, weder Metalldetektor noch Body-Search, weder Pump-Guns noch Eintrittspreis und schon wanderst Du im prächtigen Kolonial-Haus zwischen Originalen von Giacometti, Monet, Picasso, Renoir vielen anderen und natürlich Botero. Im Museo de Botero in der Hauptstadt Bogota, in der mehr Menschen leben als in der ganzen Schweiz zusammengezählt. Die Kunstwerke sind weder hinter Glas noch durch Abschrankungen für den Betrachter limitiert. So kommst Du der prallen Mona Lisa von Botero so nahe und guckst ihr so tief in die Augen wie es sich  ihr Pendant hinter Panzergals und spärlicher Beleuchtung im Pariser Louver nicht in den wildesten Träumen wünschen könnte.  

Ausgerechnet in Kolumbien, dem Kolumbien vor dem mich so viele - gut gemeint - gewarnt haben. Dem Kolumbien durch das ich doch bitte nur auf den grössten Verkehrsachsen am besten einfach durchfahren soll. Dem Kolumbien das ausserhalb des Landes seinen Ruf von Gewalt, Drogen- und Bürgerkrieg, Mord und Totschlag einfach nicht mehr so ganz richtig los zu werden schafft.

Zwischen Originalen spazieren

Was ist hier los? Noch vor 15 Jahren wäre eine Überland-Reise wie ich sie zur Zeit mache in Kolumbien nur sehr schwer möglich gewesen. Ausserhalb der grossen Städte war ein Grossteil des Landes nicht unter der Kontrolle des Staates oder des Militärs. Linke oder rechte Guerillas oder Drogen-Kartelle kontrollierten einen grossen Teil der ländlichen Gebiete oder ganze Städte. Strassensperren durch Guerillas und Entführungen waren ebenso an der Tagesordnung wie Morde, Verschleppungen, Zwangs-Enteignungen und Vertreibungen.

Prächtiges gibt es zu entdecken auf Reisen über Land, Villa de Leyva
Umso erstaunlicher ist es was dieses Land in den vergangenen Jahren geschafft hat. In einer Umfrage der in meiner Heimatstadt Zürich domizilierten, renommierten Research-Unternehmung WinGallup, welche Ende Dezember 2012 veröffentlicht wurde, belegen die Kolumbianer gar den ersten Rang als glücklichste, hoffnungsvollste Menschen der 54 befragten Länder. Noch selten auf meinem Weg von New York über Alaska, durch Zentral-Amerika bis hier her wurde ich als Reisender mit so offener Herzlichkeit empfangen wie in diesem Land.

mit wenig glücklich
Nicht selten kommt es vor, dass sich Menschen bei mir bedanken, dass ich ihr Land besuche. Entgegen anderer Länder deren jüngste Geschichte von Bürgerkriegen und dem damit verbundenen Terror für die Zivilbevölkerung gebeutelt wurden, will hier in Kolumbien kaum einer weg. Die meisten Menschen mit denen ich geplaudert habe sehen das Potential, welches in ihrem Land steckt. Natürlich wird es bemängelt, dass für viele öffentliche Projekte noch eine Menge Geld im Sumpf der zwar abnehmenden aber doch vorhandenen Korruption verschwindet. Eine ausserordentliche Gabe Dinge mit Witz und einem positiven Spirit zu sehen zeichnet die Bewohner dieses vielseitigen Landes aus. Niemand leugnet, dass es noch viele Probleme zu lösen gilt, aber kaum einer zweifelt ernsthaft daran, dass das Land nicht auch das schaffen wird. - Auch ich nicht. 

Volle Strassen dank brummender Wirtschaft
Die Wirschaft im Land boomt und je nach Source für Informationen, wird davon ausgegangen, dass Kolumbien im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung prozentual den grössten Anteil Mittelschicht aller lateinamerikanischer Länder hat. Städte wie Medellín sorgen selbst international für viel Beachtung im vollzogenen und weiterlaufenden Wandel. Die modernen Viertel der Städte Medellín oder Bogota stehen den grossen Metropolen wie Paris, New York, oder Stockholm in kaum etwas nach. Selbst mit den Preisen auf den Menüs scheinen die Lokale in diesen Quartieren schnell auf internationalem Parkett mit zu spielen.

sauberes Medellín
Drogen: Du hast recht, wieso schreibt der nichts über Drogen, ist Kolumbien nicht der Welt grösster Produzent von Kokain? Stimmt, gemäss Schätzungen werden in Kolumbien pro Jahr 410 Tonnen Kokain produziert. Ein Teil dieser Produktion und dessen Handel wird von den zwar in den vergangenen Jahren stark dezimierten Guerilla Gruppen, ob Links oder Rechts kontrolliert und finanziert deren bewaffneten Widerstand. Bevor Du Dir also Deine nächste Coci-Nase holst, überlege Dir was Du damit nicht nur Dir, sondern auch der Bevölkerung der produzierenden Länder, wie eben zum Beispiel Kolumbien, antust. Damit wird direkt der Bürgerkrieg, Waffen und Unterdrückung finanziert und das Leid der zivilen, vor allem ländlichen Bevölkerung vergrössert, der Fortschritt und die Entwicklung von Kolumbien verlangsamt. So lange der Markt für Drogen in Europa und den USA steigt, so lange wird auch die Produktion, der Handel und die damit verbundene Gewalt in den produzierenden und transportierenden Ländern anhalten. Da können wir in unseren Ländern noch lange mit dem Zeigfinger Richtung Produzenten verweisen.

Cafe Colombiana
Da kannst Du dem Land schon eher helfen, wenn Du ein Tasse des ausgezeichneten kolumbianischen Kaffees geniesst.

Eine Überraschung für mich, dass Kolumbien ganz unerwartet zu einem solchen High-Light meiner Reise wird. Ich wünsche dem prächtigen Land weiter viel Kraft und Energie sich positiv und weg von Bürgerkiegen und Gewalt zu entwickeln. Und Dir, dass Du bald Zeit findest zu einer Reise in dieses Land das Dir als Reisender oder Tourist so viel zu bieten hat.

Campen bei der Hacienda Venecia


Photo Galerien zu Kolumbien:
- Cartagena
- Unterwegs von Cartagena bis Villa de Leyva
- Villa de Leyva
- Unterwegs von Villa de Leyva nach Bogota
- Bogota
- Unterwegs von Bogota bis Medellín
- Ab Medellín - in Arbeit, demnächst auf diesem blog

Herkunft für Informationen und Zahlen in diesem Post:
- Viele Gespräche mit Menschen hier in Kolumbien
- The CIA Factbook
- Lonely Planet
- Colombia Reports
- Wikipedia
- Footprint Travel Guides
- Huffignton Post
- Tagesanzeiger
- FAZ
- NZZ
- BBC





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