Freitag, 24. Dezember 2010

Es weihnächtelt auf dem Campingplatz


Richtig spannend ist das hier, ich bin jetzt auf einem Campingplatz eines State Parks, wenige Auto Minuten von New Orleans Downtown. Nach den Wochen mit Ursi, mit so viel feinem Essen und Trinken endlich der Entschluss: Joggen. Ein bisschen übertrieben o.k., wenn ich Joggen sage. Eine Stunde unterwegs immerhin. Viel zu spannend, da kann ich doch nicht einfach an allem vorbei rennen. Zuerst Südseite des Parks verschiedene Baustellen wo während den 2005er Wirbelstürmen Katrina und Rita geborstene Dämme repariert, modifiziert, neugebaut werden. Pumpenstationen-Grossbaustellen.. Interessant. Gucken statt rennen also. 


Jetzt: Rennen wieder, statt gucken. Im Gebüsch raschelt es aufregend, muss innehalten, sehen wer mir da Gesellschaft leistet. Gut - einverstanden, so hoppelnde Hasen mit ihren weissen Bürzeln gibt’s an so vielen Orten auf dieser fantastischen Erde auch zu sehen. Also gleich weiter. Schon wieder, Jogger-Handbremse ziehen. Diese Abendstimmung, einfach zu schade um vorbeizurennen.


Klick, Klick - jetzt aber weiter. Also ein sich in der Jahreszeit verirrter Osterhase ist mein nächster Kumpane aber definitiv nicht. Böse Blicke vom im weissen Ford F150 Pick-Up vorbei blubbernden Park Ranger ernte ich für mein von der Strasse ab, über ein Feld dem Kanal entlang Rennen. Unzählige Pföstchen stecken im Boden mit Warn-Schildern "Caution Pipline", Warning Pipline" und so weiter. Also ganz so im Holeduli-Land bin ich da trotz des Ranger's böser Blicke noch nicht. Weiter vorne sehe ich einen buckeligen Gesellen der da von links nach rechts über das Kanalboard watschelt. Nicht ausmachen kann ich was das für ein Zeitgenosse sein mag. Tippe auf ein Stinktier. Aber Halt. Hätt' ich doch sicher gerochen. Oder ist das nur Sage? Wie mit den 1000 Füssen eines Tausendfüsslers. Oder hast Du die mal gezählt? Also ich nicht, aber 1000 sind das nie! Gut möglich, dass ein Stinktier gar nicht stinkt. Oder? Auf jeden Fall macht der Buckelige schwuppdiwupp kehrt. Schon recht nahe bin ich trotzdem, gerade noch kann er sich auf einen Baum retten. Mit seinen kugeligen, schwarzen Augen schaut er mich von dort oben mit einem Blick von Stolz fürs Entkommen, Verwunderung für was ich da in seinem Territorium mache, an. Ein Waschbär, dick und feiss, der hat sicher schon lange nicht mehr gewaschen und nur gefressen, so dick wie der ist. Aber sicher auch so wie mit Stinktier und Tausendfüssler, mit Waschbär und waschen. Erstaunlich, dass der dicke Kerl sich überhaupt am Baumstamm halten kann. Jetzt wird es aber Zeit, dunkelt schon ein, ich nehme eine Abkürzung durch ein Wäldchen wo ein paar stillgelegte Gästehäuser stehen, links und rechts Gebüsch, Sumpf. Nur leicht glitzern die Augen meines nächsten Weggefährten im Licht der einsamen und einzigen Strassenlampe bei den Häuschen. Joggerbremse, schon wieder. Der Typ hat seinen Kopf leicht gesenkt und guckt aus den Büschen im Strassengraben zu mir hoch, ich wohl auch, Kopf ein bisschen gesenkt, versuche aus zumachen wer mich da beobachtet. Ein Kojote. Die haben letzte Nacht schon ganz ungemütlich gejault, der hier scheint aber alleine zu sein. Na, trotzdem, besser mal ganz schnell Joggerbremse lösen, und ab und los.

Nicht minder interessant ist es, wie ich aus dem Wäldchen wieder auf den Campingplatz einbiege. Dass das campieren für die Amerikaner etwas von ganz anderen Dimensionen ist, als Europäer uns das gewohnt sind - also nichts so mit zeltreinkriechen, Luftmatratze aufpusten, Kocher am Boden, Suppe auch gleich und so -  daran habe ich mich ja mittlerweile gewöhnt. Oft kommt sich der blue truck auf einem dieser Plätzchen ja ganz verlassen vor, für 18 Meter plus Gefährte sind die meist vorgesehen, die dann im Schlepptau noch einen Personenwagen oder ein Schiff mitbringen.


Camping the American Way


Aber was sich hier als nächtliches, vorweihnachtliches Spektakel abzeichnet verwundert selbst den erfahrenen US-reisenden Schweizer. Gummikläuse, hellerleuchtet, was ein Gummisusi ist wusste ich, aber Gummikläuse, aufblasbar, hellerleuchtet, mitten in den Büschen eines State Park Campingplatzes. Sozusagen ein Klaus mit einem leise surrenden Fön im Ar... Da stehen sie ganz zufrieden, flankiert von ebensolchen Schneemännern, ein Schneemann unter Meereshöhe, auch nicht ohne. An anderen Orten hängen nur rote, grüne oder gemischt rot-grüne Elektro-Girlanden und Plastiktannenzweige an den Wohnwagen und Wohnmobilen. Vor einem anderen Camper gibt es gar einen kleinen Plastik Jesus, so einen mit einem Kabel dran, sozusagen, statt elektrischer Stuhl, elektrische Krippe, so dass der leuchtet. Einen Plastik-Josef und eine Plastik-Maria auch, mit Lampen im Kopf und im Bauch.

 

Joggerbremse, ein bisschen, verstehst schon. Hätt'st auch geguckt statt gerannt. Also so halbherzig rennend, vollherzig staunend komme ich Richtung blue truck und meines Campes gekeucht. Da hab ich vis-à-vis Nachbarn bekommen. Und die haben einen Wohnwagen. Sowas hast Du noch nie gesehen! Also die sitzt da draussen, wohlverstanden, schon ziemlich kalt, aber da hat's ein Feuer, in so einer Metallschale auf drei Beinchen, das brennt lichterloh, so à la Chemieunfall in der Zippowürfel Fabrik. Lagerfeuerromantik. Logisch. Da sitzt eben eine, ziemlich amerikanisch proportionierte, Dame davor in so einem faltbaren Sessel mit Becherhalter und Fusstütze und allem drum und dran und guckt, nein, nicht was Du denkst, nicht ins Feuerchen, die guckt fern. Ja, da gibt es auf der Seite des Wohnwagens so ein Loch, so wie ein grosser Schrank mit einem nach oben öffnenden Deckel, diese Klappe steht offen und a hat es einen Fernseher drin und die sitzt jetzt da draussen geniesst die Zündwürfel-Lagerfeuer-Romantik und guckt fern. Ganz alleine und gemütlich. Jetzt erst - verstehe ich - wieso ganz alleine, da draussen am gemütlichen Feuer. Hinter der grossen Scheibe des "Slide-Outs", das sind so ausfahrbare Seitenteile des Wohnwagens, damit wird aus dem so rund zweieinhalb Meter breiten Wohnwagen dann irgendwie sowas wie eine Zweieinhalb-Zimmer Wohnung, weil das wird sobald geparkt so auf der Seite elektrisch ausgefahren, da wird dann alles viel breiter. Auf jeden Fall läuft da hinter der Schiebe eben auch noch ein Fernseher. Alles klar, anderes Programm, Fernbedienungsstreit und all das, braucht man doch wirklich nicht zum Weihnachtscamping, nicht auch noch.

In guter Jogger-Manier stell ich mich dann unter die Dusche, im festen Glauben, dass das Wasser nur eiskalt ist weil halt abends um sechs der Boiler leer ist. Blitzschnell einschamponieren, schwuppdiwupp den Jogger-Schweiss vom Leibe seifen, brrr, kalt, um dann im ganzen pressant, pressant zu merken, dass ich mich gar nicht unter den Eisregen hätte stellen brauchen, es dauerte einfach lange, sehr lange bis das warme Wasser bis zu mir reicht. Logisch, sonst immer morgens geduscht hier, immer Betrieb, immer nicht der einzige, nicht der erste. Aber Abend, seit langem der erste der duscht, kalt eben - also dafür jetzt wach. Zurück, sitze ich jetzt im blue truck, weil ungemütlich kalt draussen, trinke ein Glas kalifornischen Merlot und tippe diese Zeilen, nach dem ich Fotos sortiert, verkleinert, gedreht und weiss ich was damimt gemacht hatte. Zeit für den ersten Stock im blue truck. Gute Nacht!

3 Kommentare:

  1. Schöne Weihnachten im blue truck und in der stimmungsvoll festgehaltenen Umgebung!

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  2. Hoi Thomas

    Cool, englich mal wieder einen Eintrag auf dem Blog! So, so Du bist unter die Jogger gegangen. Noch weitere Vorsätze für das neue Jahr?!

    Hier in Zürich liegt seit gestern 24.12. Schnee, weisse Weihnachten also.

    Ich wünsche Dir merry xmas und ein happy new year.

    take care Reto

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  3. BRÖ BRÖ BRÖ...oder schriibt mr das of Züridüütsch ächt eher mit me 'Ä' ;o)

    Liebs Grüessli us em chaute innerschwiizer Schneeegge, du Supersportskannoneoberfotigraf!

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