Der Flug in die USA
Mit einem weiten Bogen kurvt die 737 der PrivatAir über Zürich, Blick über den Zürichsee mit seinen einzelnen, von der Herbstsonne erreichten, glänzenden kleinen Flächen, Üetliberg mit Aussichts- und Sendeturm. Zürich, mein Zuhause. Der Üetliberg, mein Spaziergang, meine immer bewährte Touristen-Tour mit Besuchern aus dem Ausland oder auch nur aus der Nicht-Zürich Schweiz. – Adieu. Und uf Wiederluegä.
Nun, nach all der finalen Euphorie, endlich im lauschigen Business-Stuhl des Flugzeugs verkrochen, mein Adrenalin-Level nach Tagen des Höhenflugs, des mich mit lieben Menschen Treffens hier und da, der vielen Abschiedsbierchen und Abschiedsessen, Behörden glücklich machen, letzte Rechnungen begleichen und die noch immer nicht zu Ende gebrachten Adresswechsel melden, und immer zielstrebig unterwegs Richtung meiner grossen Reise, jetzt plötzlich werde ich doch, für einen ganz kurzen Moment ein bisschen melancholisch. Ist es das Richtige was ich tue? Was erwartet mich? Noch mehr, was erwartet die Menschen die ich mir eben gerade noch Nahe wusste? Jene lieben Freunde, die persönlich zum Flughafen kamen, um sicher zu sein, dass ich auch wirklich gehe. Und schon sticht die Maschine durch die Wolken hinauf im stetigen Steigflug, bis wir ein Fluglevel von 32‘000 Fuss erreichen. Gemächlich steigen wir weiter auf gut 37‘000 Fuss. Nur noch mit Blick auf das Passagier-Info System glaube ich mich gerade über Frankreich, dann über dem Ärmelkanal Richtung Westen zu wissen. Europa liegt unter einer Wolkendecke, kaum einmal ein kleiner Durhblick. Angenehm wärmen mich die Sonnenstrahlen hier oben, an den kleinen Eiskristallen auf der Innenseite der Aussenscheibe erahne ich, wie trügerisch der warme Eindruck dieser Strahlen tatsächlich ist.
Verflucht - wird es immer das britische Wetter, doch wie wir über Südengland daher gleiten ist sie plötzlich weg, die Wolkendecke, ich kann Cornwall und Devon erkennen, erinnere mich an meine Zeit vor fast zwanzig Jahren in England. Die Ausflüge übers Wochenende, der im Linksverkehr abgefahrene Aussenspiegel am Mietwagen auf der Tour mit Susanne und Martin. Die Touren durch den New Forest mit meinem klapprigen Dreigang Velo das ich für einen viel zu hohen Preis bei einem Velomech inBournemouth gekauft hatte. Der hatte das Ding bestimmt schon hundert Mal einem ausländischen Studenten für eben denselben horrenden Preis verkauft. Nie hätte ich ihm das Velo zurück verkauft. Murat meinem türkischen Kollegen, hab ich es für ganz wenig britische Pfunde abgetreten, als ich zurück in die Schweiz reiste. 1991, war das. Gewarnt hatten mich alle, damals schon, vor dem britischen Wetter. Wunderbare Spätherbst-, ja selbst Dezembertage mit herrlichem Sonnenschein waren es dann. Allen Warnungen trotzend.
Längst über England und Irland hinweggebraust, erspähe ich gelegentlich den Atlantik durch die Wolkendecke. Wo wohl mein Toyota gerade unterwegs ist. Konnte kein Schiff erblicken und in der Folge auch meine Gedanken nicht mit Fantasien füttern, dass der jetzt gerade genau auf jenem Dampfer Richtung New York kurvt den ich hätte erblicken können.
Knapp unter 20°C sollen mich in Newark erwarten, plaudert es grad mit russischem Akzent auf Englisch mit kratzigem Ton aus den Lautsprechern. Gar nicht schlecht. Vielmehr noch als auf das Wetter freue ich mich auf Raymond und Söhnchen Dylan, welche mich am Flughafen abholen. Was für ein Privileg auf der ganzen Welt gute Menschen zu meinen Freunden zählen zu dürfen.
Schlafen, das sollte ich eigentlich…
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