17. Dezember
Na da kam ja lange nix. Ich weiss
nicht so recht, irgendwie hat es ja gedauert und gedauert mit diesem, beinahe
letzten Post der Reise auf der Grande Francia, dem Grimaldi Frachter. Wollt‘
ich da vielleicht einfach nicht ganz fertig machen? Fertig mit der Reise auf
dem amerikanischen Kontinent. Fertig mit Grimaldi. Unbewusst alles noch ein klitzeklein
wenig rauszögern? Ein Trick einfach noch nicht ganz angekommen zu sein, in dem
ich eben auf meinem Blog noch gar nicht von der Grande Francia gerollt bin?
Längst nämlich in der Schweiz,
fast schon wieder ein wenig angepasst. Und da kommt er doch noch, nicht der
jüngste, aber der letzte Tag. Der letzte Tag an Bord der Grande Francia.
Exakt einen Monat hat die Fahrt
gedauert. 17. November war es als ich zum ersten Mal einen Eintrag ins GrimaldiTagebuch notiert hatte. Heute, kein
warmer frühsommerlicher und kein
subtropischer Tag wie vor einem Monat, es ist der 17. Dezember.
Norddeutschland. Ein nebliger, kalter, dunkler wintertag Tag fängt träge an
sich auszubreiten, während die Grande Francia durch das verzweigte Netz des
Hamburger Hafens an ihr Dock dirigiert wird. Es weiss niemand so richtig ob wir
heute Vormittag schon vom Schiff rollen können oder nicht. Es hänge alles vom
Zoll der Deutschen ab meint unser Koch, der uns heute vermutlich zum letzten
Mal mit seinen selbst gebackenen Brötchen zum Frühstück begrüsst. Der
bissig-nassen Kälte trotzend stapfe ich auf Deck rum und schaue dem Treiben im
Hafen zu. Irgendwann flutscht ein Halbdutzend in olivgrüne Uniformen und
grellgelbe Leuchtwindjacken gekleidete Zollbeamte aus einem VW Bus und
marschieren im Entenmarsch über die Rampe der Grande Francia. Einer bleibt im
Wagen vor der Rampe sitzen. Sein Job scheint es zu sein zu zusehen, dass da
nichts rein und nichts raus kommt. Ich schau noch ein bisschen von oben zu. Die
wenigen neuen in weisse „Anzüge“ gekleideten Audis die aufgeladen werden sollen
sehen aus wie UFOs neben all den gebrauchten, alten Fahrzeugen die hier in Reih
und Glied stehen, wohl alle bereit zur Verschiffung nach Afrika. Wenn ich so an
unseren Stopp in Dakar denke. Anders als in Dakar, wo immer eifrig, oder auch
nicht ganz so eifrig, rumgewerkelt wurde wenn eine der alten Gurken nicht
anspringen wollte, gibt es hier einen alten, grossen Nissan Patrol der eine
mächtige verstärkte Front-Stossstange mit Gummibelag hat, damit werden die
Karren welche sich nicht mehr aus eigener Kraft bewegen mögen in deutscher
Effizienz blitzschnell über das Dock gepusht. Vorne, im müden Auto, sitzt einer
drin der lenkt und bremst und hinten im Nissan wird kräftig Schub gemacht. So
geht das und schon ist die Kolonne der auf ein zweites Leben auf einem anderen
Kontinent wartenden Autos um eines länger.
Irgendwann wird es mir zu kalt.
Ich steige nach unten in die Kabine, dort treffe ich nicht nur Ursi sondern
auch zwei mehr oder weniger freundliche deutsche Zöllnerinnen die kopfüber in
unseren Rucksäcken stecken. Sie nehmen’s genau, sehr genau. Und finden - nix.
Minuten später kommt eine junge, freundliche Zöllnerin die Treppe hoch vom
Fahrzeugdeck und erkundigt sich, welcher der Wagen denn hier von Bord gehen
würde. „Das wären dann wir“ melde ich mich. Ich steige mit der zierlichen Frau
runter zum Toyota. Dort stehen schon drei weitere Beamte und ein hübscher
Golden Retriever rennt auf dem Auto Deck hinter einem Ball her und bringt ihn
flink zurück zu einer Zöllnerin, im Gegensatz zum Hündchen schaut die wenig
freundlich in den Tag. Die anderen begrüssen mich fröhlich-bestimmt und auch
der Hund goutiert mein Tätscheln auf sein Köpfchen mit fröhlichem Geschwänzel.
Die Hundeführerin kommandiert den Hund mit barschen Worten zu sich. Der zieht
den Schwanz ein und pariert. Der Hund darf sich wohl nicht mit suspekten
Einreisenden anfreunden. Einer der Beamten bittet mich alles aufzuschliessen.
Die grimmig dreinschauende Hundetante fragt mich, ob der Hund überall rein und
ran dürfe. Was ich bestätige, das darf er, ist ja schliesslich sein Job. Ich
werde gebeten zurück zu treten, wo ich von zwei der Beamten flankiert werde,
auf mich muss man eben schon aufpassen. Die zwei sehen irgendwie witzig aus und
erinnern mich an die steif bemützten Polizeibeamten aus den Derrick-Krimis aus
den 80er Jahren. Ich muss schmunzeln, wenn ich mir vorstelle, dass hier
plötzlich Harry Klein auf mich aufpasst. Was doch so eine Amerikareise alles an
Überraschungen für mich bereithält. Bis zum Ende.
„Wat kost’n det, so’n Land Rover
von Südamerika hierher zu schippern?“ – „Ist kein Land Rover…“ aber ich gebe
bereitwillig Auskunft. Die zwei Beamten scheinen vor allem an den monetären
Faktoren einer Reise interessiert zu sein: Wieviel kostet es für die
Passagiere, wieviel für den „Land Rover“, wieviel Geld braucht man auf einer
mehrjährigen Reise mit dem eigenen Auto, wie kommt man dazu und wie lange muss
man sparen. Irgendwann springt der Golden Retriever freudig mit dem Schwanz
wedelnd aus dem Heck es blue truck, hinterher klettert die gehässige Beamtin
die mir einen missmutigen Blick zuwirft. Nichts
gefunden, denk ich mir, sonst wär die garantiert besser drauf. Der Hund
krabbelt hoch auf den Beifahrersitz. Von dort mit den Vorderpfoten auf das
Armaturenbrett, mal links, mal rechts, mit den Hinterläufen sackt er zwischen
den Sitzen ein und verstrickt sich fast ein bisschen zwischen Handbremse und
den Schaltstöcken bevor er auf meinem Drivers-Seat Platz nimmt. Als er vor
lauter eifrigem Rumschnüffeln mit der Pfote kurz auf den Hornknopf drückt erschrickt
er selbst ganz tüchtig. So gehörig, dass er mit einem Satz raus ist, er springt aus der Fahrertür und wild auf dem
Car-Deck hin und her und will mit seiner Herrin spielen. Die wirft mir wieder
diesen grimmigen Blick zu, als wäre ich Schuld, dass ihr Hund mein Horn
drückt. Ich werde gebeten den Motorraum zu öffnen. Gefügig reisse ich die
Klappe auf. Während mich die anderen zwei Beamten weiter interviewen über wie
lange man sparen muss, hebt die Hundezöllnerin den Hund hoch auf den Motor. Dem
ist nicht so richtig wohl, weil er kaum irgendwo festen Halt findet. Er
krabbelt aber wacker mehrere Minuten auf Motor und auf den Filtern rum, dann
erlöst er sich selbst mit einem grossen Satz und springt vom Motor runter. Auf
dem Boden landend scheinen dem armen Hund die Pfoten wie auf einem Eisfeld
davon zu rutschen. Der stahlblecherne Boden bietet den Hundepfötchen wenig
Halt. Schwanzwedelnd springt er auf seine Herrin zu (würd mir bei der grimmigen Tante ja nicht passieren) wird mit ein paar
lobenden Worten an gebrummelt, bekommt was Knabbriges aus der leuchtfarbenen
Jackentasche und darf schnell ein bisschen Ball spielen. Alsbald ist aber aus
mit lustig, jetzt muss das Tier unten durch. Da scheint ihm der Spiessrutenlauf
über Luft- und Dieselfilter, über Ventildeckel und Einspritzleitungen eben auf
dem Motor gerade noch gefallen zu haben. Da unten ist es dem Köter definitiv zu
eng, immer sucht er sich schnell wieder einen Ausweg um wieder aufrecht gehen
zu können. Seine Herrin kommandiert kurz und mit für Nichthunde
unverständlichen Worten, packt ihn am Halsband und schon kriecht er wieder
unter dem Toyota durch. Und gleich wieder raus. Nach drei oder vier dieser
Prozeduren hat nicht nur der Hund genug. Auch der Hundeführerin reicht’s. Der
Hund springt erfreut rum, darf ein bisschen Ballspielen und bekommt noch mal
was aus der Jackentasche. Als er freudig wedelnd auf mich zuläuft, der immer
noch von zwei Derrick-alike Beamten flankiert ist, wird er energisch
zurückgepfiffen. Diese ganze Prozedur dauert gut und gerne 20 Minuten. Dann
wird mein Toyota als drogenfrei klassifiziert, ich könnte jetzt runterfahren
meinen die Zöllner und verabschieden sich freundlich mit einem Händeschütteln.
Von Frau Hunde-Herrchen werde ich nochmals mit einem grimmigen Blick und einem
knappen Kopfnicken beglückt.
Ich lasse das Trio hinter mir. Zum
letzten Mal steige ich die Treppen hoch. Auf Deck 12 angekommen sehe ich jetzt
die Köpfe der zwei Beamtinnen, die eben noch in unseren Rucksäcken steckten.
Die schrauben jetzt an Lüftungsgittern rum und wühlen in Kartonschachteln die
in einem kleinen Vorratsraum aufgetürmt sind. Ursi ist bereit. Nach der
Kontrolle hat sie alles wieder am richtigen Ort verstaut. Wir marschieren los,
begegnen in den weitläufigen Gängen den neusten Passagieren auf der Grande
Francia. Ein älteres holländisches Paar, sie werden mit dem Kahn von hier bis
nach Südamerika reisen und von dort gleich wieder zurück bis nach Hamburg.
Sicher auch interessant, trotzdem, so gut es mir gefallen hat, gleich hin und
zurück in einem Zug, rund 2 Monate auf dem Schiff, na ja. Er hat einen
bauchlangen, spitzen weissen Bart und wie wir zur Verabschiedung unserer Schiffskameraden
in den Aufenthaltsraum treten dauert es nicht lange bis wir gefragt werden ob
wir Papa Noël gesehen hätten. Ja wirklich, wenige Tage vor Weihnachten,
Nord-Europa, das muss ja fast der Samichlaus sein, der da an Bord kommt. Seine
Frau gleicht aber wenig einem Schmutzli. Küsschen hier und Händeschütteln da.
Ein bisschen Trinkgeld in der Handballe wechselt von meiner in des Küchenchefs
Handfläche während der Verabschiedung und schon stehen wir vor der Kapitäns
Kabine. Drinnen sind deutsche Zöllner, der Kapitän und der First Officer. Es
wird auf Englisch diskutiert und der Tonfall des Kapitäns lässt spüren, wie
zuwider ihm diese Zollformalitäten sind. Der 1st kommt mit unseren Pässen und
einer kleinen Fahne kalten Männerschweisses aus der Kabine. Wir bedanken und
verabschieden uns. Mit gemischten Gefühlen steigen wir die Treppe runter auf
Deck 5 wo der blue truck wartet.
Mit einem Knarren streckt sich
der Toyota einige Zentimeter aus den Federn als ich die Spanngurten vorne und
hinten durch ihre Verschlüsse sausen lasse, die Keile sind unter den Räder weg
gekickt und auch nach einem Monat Pause springt der 4.2 Liter Diesel willig
nagelnd an. Ich manövriere den Toyota hinter der Säule hervor, hinter die wir
vor exakt einem Monat millimetergenau eingewiesen wurden. Und schon rollen wir
runter auf Deck 3 und von dort auf die Rampe und vom Schiff.
4 Jahre und 7 Monate, 4 Sätze
Reifen, 2 Sätze vordere Bremsklötze und über 160‘000 Kilometer ist es her seit
der blue truck zum letzten Mal europäischen Boden unter seinen Rädern hatte.
Damals hatte ich ihn nach Basel gefahren, an den Rheinhafen wo er alsbald in
einem 20 Fuss Container verschwand und seine Reise in die USA antrat. Für mich
ist es irgendwie eigenartig, ich bin ja zwar mehrmals während der langen Reise
zurück in die Schweiz geflogen aber jetzt, mitsamt dem Toyota wieder auf
europäischem Festland zu rollen ist schon ein spezieller Moment, ein bisschen
Wehmut, ein bisschen Freude und keine Zeit irgendwas davon überhaupt richtig
wahrzunehmen.
Wir rollen vorbei an einer grünen
Lampe um gleich vor einer rotweissen Schranke zum Stehen zu kommen. Im
Rückspiegel sehe ich wie sich auch hinter uns eine rotweisse Schranke senkt.
Kein Entkommen mehr. „Ja wo kommt ihr
denn her?“ will der Mann in Leuchtweste im Häuschen wissen. „Aus Uruguay,
gerade mit der Grande Francia“ angekommen, ich händige ihm unsere Papiere,
Pässe und den Fahrzeugausweis aus. „Ne, ne…“ er will das alles nicht. So
schnell gehe das nicht. Meint er. Da sei ich ein bisschen voreilig in seine Schleuse
gefahren. Wir könnten nur raus, wenn wir mit einem Agenten einen Zollcheck
gemacht hätten. Ich erzähl was von der grimmigen Hundeführerin und den
wunderfitzigen Zöllner und dass wir das alles schon erledigt hätten. Weder
vorne noch hinten könne er uns nun rauslassen, meint er während er in sein
Telefon zu sprechen beginnt. So sitzen wir fest.
Fünf Minuten später kommt einer
daher. Internationale Uniform: Diese Leuchtwesten scheinen eine globale
Uniformierung geworden zu sein. Ob Du einen Schulbus fährst in Alaska oder auf
einer Baustelle arbeitest in Kolumbien, ob Du Motorrad fährst in Bolivien oder
eben wie dieser Herr bei einer Sicherheitsfirma in Hamburg arbeitest,
Leuchtweste ein Muss. Der Typ hat ganz kurz geschorene Haare oben auf der Stirn
stehen sie aber in so einer Tintin-Locke vom Kopf, mit der von der Leuchtweste
mal abgesehen schwarzen Uniform und den Springerstiefeln gibt ihm das so ein
bisschen ein Schwulen-Klischee-Aussehen. Freundlich ist er: Kein Problem, sagt
er beruhigend mit gespielter „alles im Griff“ Betonung. An einer elastischen
Schnur zieht er an einem riesigen Schlüsselbund der jeden Gefängniswärter vor
Neid im Boden versinken liesse, im Rückspiegel sehe ich wie er gleichzeitig in
sein Handy plaudert und einen seiner vielen Schlüssel in das Gehäuse des
Schrankenpfeilers steckt. Und das Rotweissrot hinter uns schnellt in kleinen,
ruckeligen Bewegungen hoch. Wir parken auf einem kleinen Parkplatz innerhalb
der „Niemandslands“ Zone. Ein anderer Beamter kommt, verpasst dem Toyota einen
Kleber mit Strichcode. John Wayne könnte es nicht besser, er zieht aus einem
Halfter einen revolverähnlichen Leser und scannt den Code auch gleich ein.
Tintin-Locke begleitet uns durch eine feuerverzinkte stählerne Drehtür durch
die er uns nur mit seinem Badge durchschleusen kann. Von da geht es in einen
Selbstbedienungs-Raum. Irgendwie müssen wir uns an einem kleinen Gerät erfassen,
damit wir zu einer Laufnummer kommen. Ein seinem Job gerecht werdender
brummiger, aber überaus freundlicher Brummi-Fahrer hilft uns und erklärt uns
wie’s weiter geht. 10 Minuten später werden wir von einem Flachbildschirm
eingeladen uns im oberen Stock zu melden. Schon im Treppenhaus werden wir
wieder von einem Trucker, natürlich, ja Du hast’s rausgefunden, in Leuchtweste,
freundlich Richtung unseres Schalters gewiesen. Dort werden wir nach einer
Menge Dinge gefragt, Laufzettel? Hafenpass? Frachtbrief? Lauter Dinge die wir
nicht haben. Wir erklären: Privater PKW, ja - mit Schweizer Zulassung, ja - von
Südamerika kommend, ja - nein, nicht im Container – ja, der steht schon
draussen und wir sind auf eigenen Rädern hier vorgefahren. Geht irgendwie alles
nicht und übersteigt die Kompetenzen der netten Dame mit dem tiefschwarz
gefärbten Haaren und den violetten Augendeckeln hinter der Scheibe. Minuten
später verschwinden wir hinter einer Tür auf der „Kein Zutritt“ steht. Ein
riesiges Büro, trotzdem sind nur drei oder vier Arbeitsplätze eingerichtet.
Unterdessen ist eigentlich Mittagszeit. An einem der Schreibtische sitzt ein
junger, betont freundlicher Herr, er erklärt uns wie der Prozess nun ablaufe,
dass er warten müsse, warten bis wir im System erscheinen, also unser Auto. Das
nachdem John Wayne unser Auto mit einem Bar-Code versehen hat nun jeden
Augenblick geschehen sollte. Er gibt schon mal unsere Daten ins „Hafen-System“
ein. Wie er so Hafen-System sagt muss ich unweigerlich an weiss emaillierte
Töpfe denken, die noch unsere Grosseltern unter ihre Bettkante schoben. Aber
ausser meiner davon gleitenden Fantasie hat das Hamburger-Hafen-System sehr wenig
mit dem Hafen-System meiner Urgrosseltern zu tun. Obwohl da vermutlich auch
schon mal dasselbe drin landet. Scheisse. Der junge Mann ist sehr bemüht. Geht
immer wieder rein ins, eben, Hafen-System, sucht ob unser Bar-Code schon
erfasst sei und erscheint. Ich nütze die Zeit und betrachte die vielen Modelle
von Hafenkränen, Containern Liftern und dergleichen, die auf den Aktenschränken
staub sammeln. Eine Luftaufnahme des weitverzweigten Hafens von Hamburg
fasziniert mich ebenso. Unterdessen ist auch der Abteilungsleiter oder so was
ähnliches wieder vom Lunch zurück. Sein Büro ist im selben grossen Raum, von
einer kleinen Schrankwand ist er nur wenig von seinen Untertanen getrennt. Sein
freistehender Schreibtisch steht auf einem kleinen 25 cm hohen Podest im Büro
und sein Bürostuhl sieht extrem modern aus und umschliesst ihn wie der
Schalensitz eines Rally-Piloten bis hoch hinter den Kopf. Hier kommen keine
Zweifel auf wer der Chef am Platz ist.
Wir haben es geschafft. Wir sind
drin. Im Hafen-System. Der freundliche junge Mann hackt flink was in seine
Tastatur und druckt ein paar Formulare aus. Er erklärt uns wie und wo wir
durchfahren müssen um eine Unterschrift vom Zoll auf den Formularen zu
bekommen, damit sollten wir dann gleich wieder bei ihm antraben. Wir drängen
uns zwischen den Leuchtwesten-Brummifahrern durch und schleusen uns durch die
stählerne One-Way Drehtür. Schon klopft der Diesel und der Toyota setzt zurück.
Zwischen tausenden von Tonnen Handelsware, hunderten von Containern und
endlosen LKW Schlangen schleichen wir zum entsprechenden Gebäude am Hafen. Wir
präsentieren unsere Dokumente und die Pässe. Ein freundlicher Herr verschwindet
mit allem, kommt einige Minuten später mit unseren Papieren, zwei Stempeln und
einem Kugelschreiber wieder an sein Stehpult zurück. Jetzt wird gestempelt und
signiert. Dann verschwindet er in einem Büro und kommt in einer dicken Jacke
mit Fellkragen und in einer steifen Mütze zurück. Nun müsse er noch den Wagen
sehen. Er freut sich, dass wir uns nicht irgendwo bei den Brummis eingereiht
hätten. „Das machen die normal mit ihren Wohnmobilen…“ Minuten später stünden
dann schon drei oder vier 40 Tönner hinter dem WoMo und müssten alle
zurücksetzen sobald er die Papier für die einreisenden Reisenden gemacht hätte.
Wir stehen aber auf einem PKW Parkplatz praktisch vor seinem Büro. Um Jacke und
Mütze ist er trotzdem froh, Schneeregen bläst uns um die Ohren. Seine
Inspektion des Fahrzeugs dauert kaum 30 Sekunden, er verabschiedet sich und wir
rollen wenige Minuten später wieder vor dem Gebäude mit der Zollagentur vor.
Die rotblonde Tintin-Locke steht hinter den Tresen und winkt uns nickend durch
während er einen Trucker anmotzt. Summsumm und die „Kein Eintritt“ Türe öffnet
sich. Der junge Mitarbeiter erkundigt sich ob alles geklappt hätte, schaut sich
unsere Papiere an und füttert sein Sache ins Hafen-System. Wir steigen die
Treppe runter, verabschieden uns danken von Schmalzlocke Tintin der unterdessen
wieder irgendetwas draussen auf dem Vorplatz rumkommandiert. Ob vor einer Disco
in New York, am Flughafen in Zürich oder hier am Hamburger Hafen, irgendwie
sehen diese Typen der privaten Sicherheitsfirmen immer wie „Copy-Paste“
Versionen, haar genau gleich aus, egal wo und wann. Immer ein bisschen zu
proper in ihre dunklen Uniformen gepresst, immer ein bisschen zu aufgeblasen,
ein bisschen zu viel Zeit im Fitness-Center verbracht, ein bisschen zu viele
Muskelpillen intus, und immer ein bisschen schwul wirkend. Aber egal, hier sind
sie jedenfalls freundlich.
Die Tussi von Garmin lotst uns
sicher und flink durch Hamburg Richtung Süden. Der blue truck ist ja nicht
gerade das ideale Gefährt für unlimitierte deutsche Autobahnen und so dieseln
wir, noch mit Südamerikanischem Billigtreibstoff eher gemächlich, im Speed der
Autobusse und der schnelleren Lastwagen Richtung Süden.
Europa hat uns wieder.
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