28. November 2014:
Den ganzen Tag auf See, denke ich
mir, wie ich kurz vor halb acht morgens raus trete aufs Deck und den kurzen Weg
aussen rum in die Messe zum Frühstück nehme. Ein prächtiger Tag, die Sonne
scheint und es weht ein angenehmer, warmer Wind von Südosten, vermute ich
jedenfalls, Südosten muss es sein, ich weiss, dass wir einen nordöstlichen Kurs
haben.
Fast hat sich so etwas wie eine
Tagesroutine eingependelt an Board. Am Ende des Frühstücks Olivier, der Belgier
mit dem grossen MAN Lastwagen, fragt Greti aus dem österreichischen Steyr, wie
lange sie denn auf dem Laufband rennen werde, „…so wie gestern?“ Francis und
Isabelle, verziehen sich „…au boulot…“ an die Arbeit, wie Isabelle täglich mit
einem künstlichen Grinsen sagt, wenn sie sich vom Tisch erheben. Sie weiss auf
die hundert genau, wie viele Fotos sie gemacht hat, noch besser wieviel Arbeit
es gibt, diese nun alle in Foto-Bücher zu verarbeiten. Das ist eben die Arbeit
an der sie dran ist, von der sie wieder und wieder spricht und immer zwischen
durch betont: „Mais c’est du travail ca!“ gefolgt von gespitzten Lippen durch
die sie die aufgeblasenen Backen mit einem leisen Pfeifen entleert. Dann folgt,
sie sei an der fünfhundertdreizehnten Seite. Für mich tönt die Zahl jedes Mal,
jeden Tag gleich, aber ich bin sicher sie macht Fortschritte. Denn nach der
Zahl neigt sich ihr Kopf ein bisschen zur Seite und ein „Quand même!“ folgt,
bevor sie von mir mit einem „A plus tard!“ verabschiedet durch den Türrahmen
verschwindet. Ursi und ich spielen zwei, drei Partien Tischfussball. Auch wie
jeden Tag.
Später platziere ich mich mit
meinem Laptop draussen auf Deck. Mit einer kleinen Kiste bastle ich mir ein
Tischchen, auf dem es sich gut „arbeiten“ lässt. Auch ich bin „au boulot“.
Während ich so da draussen auf Deck sitze und diese Zeilen schreibe, frage ich
mich, wie mir das wohl einfahren wird, wenn ich mal wieder daheim in der
Schweiz bin und mich an wesentlich mehr Häuslichkeit gewöhnen muss. Immerhin
habe ich die vergangenen gut vier Jahre fast ausschliesslich draussen, in und
um mein Auto verbracht und gelebt. Draussen gegessen, gekocht, abgewaschen,
geduscht, geschrieben, gelesen. Schlicht eben einfach draussen gelebt. Wird mir
fehlen, denke ich, wenn ich wieder in der kleinen Schweiz bin. Ob ich als
typischer Städter, und ich liebe meine Heimatstadt Zürich innig, vielleicht
doch dann eher raus aufs Land muss? Brauch ich nicht vielleicht auch daheim
dann wirklich mehr Luft, mehr Draussen sein, als es mir eine Stadtwohnung
bieten kann, frage ich mich. Beim Blick auf den tiefblauen Atlantik verdränge
ich die Gedanken schleunigst wieder, früh genug mich daheim in der Schweiz
damit auseinander zu setzen.
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