Mittwoch, 21. Januar 2015

Grimaldi Tag 15: Venedig im Südatlantik

1. Dezember: 



Ich lese Donna Leon’s Roman Blutige Steine. Draussen auf Deck nach dem Frühstück, noch ahne ich bei prächtigem blauen Himmel und angenehmem Wind nichts von den am frühen Nachmittag aufkommenden Wolken. Die Fahrt geht weiter Richtung Nordosten, dem Äquator entgegen. Spielt sich zwar nichts auf einem Schiff ab und trotzdem passt der Roman mit Comissario Brunetti perfekt. Brunetti wohnt und arbeitet in Venedig, wo er entgegen den Befehlen seines Chefs, der ihm den Fall entzog, weiter an der Ermordung eines schwarzen, illegalen Einwanderers ermittelt. Die herrliche italienische Art und deren Beschreibung passt perfekt hierher. Die Espressi die bei jeder erdenklichen Gelegenheit gestürzt werden genauso wie der Wein, der sich der Comissario gönnt, wenn er über Mittag nach Hause fährt, wo seine Frau jeweils ein mehrgängiges Mittagessen auftischt, das er zu Tisch mit Tochter Chiara und Sohn Raffi verschlingt. Danach gibt’s – genau - Espresso. Und einen Grappa. Dann folgt der Marsch durch das neblige Venedig, zurück an die Arbeit. Wenn der Comissario mit den amerikanischen Touristen, die Zeugen des Mordes sind, spricht, muss ich unweigerlich an unseren Kapitän denken und stelle mir Brunnetti vor, wie er mit einem ebenso herrlich italienisch akzentuierten Englisch auf die Amis einredet. Dieses lange Singsong mit Höhen und Tiefen in der Betonung und des, von wilder Gestikulierei begleitet, in die Länge ziehen der englischen Wörter. Die blumig und tonvollen Sätze die mal ganz abrupt enden und sich dann wieder, jedes Satzzeichens ignorierend in einem Fluss ohne Ende dahin ziehen. Genau so stell ich mir vor, geht das zu und her, wenn Brunetti in einem Café in Venedig das amerikanische Paar in ihren Turnschuhen und mit den bunten Kleidern interviewt. Auch der Schwarze passt in Anbetracht unseres nächsten Hafens, Dakar ganz gut ins Bild.


Ansonsten passeiert heute wenig. Ein schöner Tag mit mässigem Wind der sich eben erst am Nachmittag verstärkt und den Himmel ein bisschen zu früh verdunkelt. Mit 15 Knoten, knapp 30 km/h ziehen wir nordostwärts, auch nachts, wenn ich mich hinlege noch, mit direktem Kurs auf Senegals grösste Stadt, Dakar.   


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