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Sonntag, 11. Januar 2015

Grimaldi Tag 12: Auf See, Stadt vs. Land

28. November 2014: 

Den ganzen Tag auf See, denke ich mir, wie ich kurz vor halb acht morgens raus trete aufs Deck und den kurzen Weg aussen rum in die Messe zum Frühstück nehme. Ein prächtiger Tag, die Sonne scheint und es weht ein angenehmer, warmer Wind von Südosten, vermute ich jedenfalls, Südosten muss es sein, ich weiss, dass wir einen nordöstlichen Kurs haben.

Fast hat sich so etwas wie eine Tagesroutine eingependelt an Board. Am Ende des Frühstücks Olivier, der Belgier mit dem grossen MAN Lastwagen, fragt Greti aus dem österreichischen Steyr, wie lange sie denn auf dem Laufband rennen werde, „…so wie gestern?“ Francis und Isabelle, verziehen sich „…au boulot…“ an die Arbeit, wie Isabelle täglich mit einem künstlichen Grinsen sagt, wenn sie sich vom Tisch erheben. Sie weiss auf die hundert genau, wie viele Fotos sie gemacht hat, noch besser wieviel Arbeit es gibt, diese nun alle in Foto-Bücher zu verarbeiten. Das ist eben die Arbeit an der sie dran ist, von der sie wieder und wieder spricht und immer zwischen durch betont: „Mais c’est du travail ca!“ gefolgt von gespitzten Lippen durch die sie die aufgeblasenen Backen mit einem leisen Pfeifen entleert. Dann folgt, sie sei an der fünfhundertdreizehnten Seite. Für mich tönt die Zahl jedes Mal, jeden Tag gleich, aber ich bin sicher sie macht Fortschritte. Denn nach der Zahl neigt sich ihr Kopf ein bisschen zur Seite und ein „Quand même!“ folgt, bevor sie von mir mit einem „A plus tard!“ verabschiedet durch den Türrahmen verschwindet. Ursi und ich spielen zwei, drei Partien Tischfussball. Auch wie jeden Tag.

Später platziere ich mich mit meinem Laptop draussen auf Deck. Mit einer kleinen Kiste bastle ich mir ein Tischchen, auf dem es sich gut „arbeiten“ lässt. Auch ich bin „au boulot“. Während ich so da draussen auf Deck sitze und diese Zeilen schreibe, frage ich mich, wie mir das wohl einfahren wird, wenn ich mal wieder daheim in der Schweiz bin und mich an wesentlich mehr Häuslichkeit gewöhnen muss. Immerhin habe ich die vergangenen gut vier Jahre fast ausschliesslich draussen, in und um mein Auto verbracht und gelebt. Draussen gegessen, gekocht, abgewaschen, geduscht, geschrieben, gelesen. Schlicht eben einfach draussen gelebt. Wird mir fehlen, denke ich, wenn ich wieder in der kleinen Schweiz bin. Ob ich als typischer Städter, und ich liebe meine Heimatstadt Zürich innig, vielleicht doch dann eher raus aufs Land muss? Brauch ich nicht vielleicht auch daheim dann wirklich mehr Luft, mehr Draussen sein, als es mir eine Stadtwohnung bieten kann, frage ich mich. Beim Blick auf den tiefblauen Atlantik verdränge ich die Gedanken schleunigst wieder, früh genug mich daheim in der Schweiz damit auseinander zu setzen. 



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