13. Dezember 2014:
Es macht keinen Unterschied, ob
ich den Vorhang geschlossen oder offen habe, heute Morgen, wie ich aufstehe. So
oder so, es ist einfach dunkel, nur dunkel. Und kalt, trotz den zwei Decken bin
ich in der Nacht ein paar Mal aufgewacht, weil es einfach sau kalt war in der
Kabine.
Wir dürfen wieder! Raus. Nach dem
Frühstück geh ich also an Deck. Ich weiss mein Temperaturgefühl der kalten
letzten Nacht mehr als bestätigt. Der Winter hat uns. Es ist bissig kalt, noch
sind wir vor der Westküste Frankreichs und eigentlich nicht richtig im Norden.
Aber boah, ich sag Dir, dass könnt‘ locker mitten in der Nordsee sein, schon
jetzt, so bissig kalt weht der Wind schon hier im Nordatlantik. Also ich bin ja
nicht wirklich ein G'frörli und sag immer, schlechtes Wetter gibt’s nicht, nur
unpassend eingekleidete Jammerhosen, die sich darüber beschweren. Nun, nach
Monaten des südhemisphärischen Sommers verwandle ich mich doch auch beinahe in
eine solche, Jammerhose. Aber es gibt Hoffnung, am Horizont im Osten färbt sich
alles grell, gelb-orange und lässt auf einen Sonnentag hoffen. Ob es der Letzte
wird? Oder erwartet uns die kommenden Tage ein prächtiger sonniger Winter?
Kaum, der Ärmelkanal steht uns demnächst bevor und schreit eher nach grau in grau
als nach sonnigen Stunden. Jetzt aber hängen einige Wolken über dem Horizont,
andere Fetzen von tiefhängendem Nebel ziehen schnell über dem Schiff hinweg und
in der Ferne beginnt sich das Spektakel eines winterlich langsamen
Sonnenaufgangs abzuzeichnen.
In warme, schwarze Jacken
gepackt, die die Wärme der Sonnenstrahlen wunderbar in sich aufnehmen
verbringen wir, Ursi und ich, einen guten Teil des Tages draussen an Deck.
Sobald sich eine Wolke frech vor die Wintersonne pflanzt wird es kalt, aber
dieses Schauspiel ist nie so lange, dass es nicht schon bald wieder zum
Aufwärmen vor der nächsten Wolke reichen würde. Vor uns kann ich einige Inseln
ausmachen und das GPS verrät mir, dass wir an den englischen Steuerparadiesen
von Guernsey und Jersey vorbei ziehen. Nachmittags, der Winkel der Sonne über
dem Atlantik flach, wird’s dann aber zackig frisch und auch wir, verdrücken uns
im Inneren von Deck 12.
Vor dem Abendessen verteilt Glad
und Mathieu lustige, selbstgeschriebene Kinobillete und kündigen eine
Vorführung im „Salon de Noël“ an. Der Aufenthaltsraum ist nämlich unterdessen
mit allem möglichen, nervös blinkenden Weihnachtskitsch verziert und selbst ein
Plastikbaum mit Plastikschmuck und bunten, blinkenden Birnchen all over fehlt
nicht. Dieses Jahr ist wohl nichts mit sich vor den Weihnachten drücken.
Vielleicht weisst Du ja schon, ich bin kein grosser Fan des ganzen Weihnachtstheaters.
Die beiden werden uns aber nicht mit einem Weihnachtsfilm nerven sondern projizieren
von ihrem Laptop auf dem Flachbildschirm, stilecht für das Gebiet, welches wir
heute Nacht anpeilen werden „Bienvenue chez les Ch’Tis“.
So hängen wir schon bald nach dem
Abendessen alle in den Sofas des Aufenthaltsraumes, als Greti und Gerhard
realisieren, dass der Film sich ausschliesslich auf Französisch und wie der Titel
verspricht, nordfranzösischem Dialekt abspielen wird, verziehen sie sich auf
ihre Gemächer. Mein Französisch reicht allenthalben um, zwar nicht alle aber
die meisten Pointen zu verstehen, zumal ich den Film bereits kenne, was es
natürlich leichter macht. Ich hatte ihn vor Jahren mit Ursi in Luzern im
Open-Air-Kino gesehen, eigenartig, wie künstlich sich das Bild auf einem
HD-Flachbildschirm zeigt, die digitale Schärfe lässt das Bild gelegentlich wie
eine amerikanische B-Movie Studioproduktion wirken. Aber egal, lustig ist es
quand meme.
Greti hatte heute Mittag
angemeldet, dass es saukalt sei in der Kabine und die Crew hat jetzt die
Zentralheizung angeschmissen, das heisst, schmoren statt frieren. Obwohl wir
die Heizung im Zimmer ausgeschaltet haben, wird der ganze Kahn jetzt auf irgendetwas
knapp unter 30° hoch geheizt. Wenn schon warm, dann richtig.
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