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Montag, 15. September 2014

Geselliges Beisammensein oder Vorher - Nachher auf einem brasilianischen Campingplatz

An Brasiliens Costa Verde, einem Teil der Küstenregion zwischen Rio de Janeiro und Saõ Paulo, während der Nebensaison unterwegs zu sein ist fantastisch. Dass viele Kneipen, Campingplätze oder gemütliche Hotels geschlossen sind kann schon mal zur Herausforderung werden. Aber dafür gibt es Kilometer um Kilometer von Stränden und Buchten in denen kleine hübsche, mit atlantischem Regenwald bestückte Inseln liegen. Buchten und Strände die Du fast ausschliesslich für Dich hast. Fledermäuse quitschen in der Dämmerung, Glühwürmchen blinken in den Büschen und wenn Du mal liegst, wirst Du erst mit Vogelgezwitscher wieder geweckt.

Das Winterwetter hier ist prächtig. Genau so wie es der schweizerische Sommer hätte präsentieren sollen, der wollte doch aber irgendwie 2014 gar nicht so richtig. Also eben, so um die 25°C bis zu 30°C wird's tagsüber. In der Nacht fällt die Temperatur ordentlich, so dass der Camper gemütlich von eisigkalten Nächten in den Anden oder von Wolfsgeheule in der immerhellen alaskischen Nacht träumen kann. Und jetzt pass auf! Genau in dem Moment wo ich diese Worte tippe, unterstellt mir Petrus irgendwelche Schadenfreude und leert genau hier über dem Campingplatz eine Wolke aus. Ein kräftiger Platzregen prasselt auf die Markise des blue truck und nicht nur der streunende Strandhund sucht Schutz unter dem kleinen Vordach, auch zig Moskitos scheinen mir hier beim bloggen behilflich sein zu wollen. - Scheiss Mücken! Also nur fast perfekt hier, siehst Du, und schon kannst Du Dich ein bisschen freuen. Aber nimm Dich in Acht, vielleicht hat Petrus auch für Dich ein Wölklein zum auskippen.

Aber eben, da fahren wir also gemütlich auf der BR-101, die Küstenstrasse der besagten Costa Verde Richtung Süden. Der angepeilte Campingplatz ist auch tatsächlich offen und ausser einem einzigen, nicht bewohnten Zelt sind wir die Einzigen, die am schattigen Plätzchen unser Lager aufschlagen. Prächtige Tage geniessen wir, mutterseelenalleine, den ganzen Campingplatz, ja den ganzen Strand, die ganze Bucht für uns. Herrliche, natürliche Ruhe, alles was wir hören ist das Rauschen der Wellen und die Vögel in den Bäumen über uns, gelegentlich das Bellen der Hunde...  


VORHER

...die für einmal den blue truck nicht nur mit ans Rad pinkeln in ihr Territorium einschliessen, sondern diesen auch lautstark gegen alles mögliche an anderem Strandgetier verteidigen. Und weil die Latinos ja wirklich gesellige Menschen sind, die Brasilianer ganz besonders fröhlich-freundlich, können sie den Schweizer-Touristen-Transporter doch nicht so ganz alleine und verlassen da am Strand stehen lassen.

Freitag nachts, da ist es passiert. 

Der Nachmittag war noch ruhig und nichts wies auf das Bevorstehende hin. Doch dann, dann geht es los, im Dunkel der früh hereinbrechenden Nacht knurren die Motoren, klappern die Zeltstangen, zischen die Bierbüchsen, dröhnen die Ghettoblaster, leuchten die Stirnlampen. Wir sind nur einige Fahrstunden von Brasilien's grösster Stadt Saõ Paulo entfernt und über einige hundert Küstenkilometer auf dem einzigen Campingplatz. Endlos scheinen sie anzukommen. Ich bin mir sicher es hat keinen Platz mehr für weitere Zelte, der kleine Parkplatz ist zum bersten gefüllt, dem erdigen Zufahrtssträsschen entlang stehen die Wagen links und rechts, doch bis in die frühen Morgenstunden des Samstags ist kein Ende der sich aufbauenden Lagerromatik abzusehen.  


NACHHER

Und Samstags gegen Mittag präsentiert sich der kleine Platz wie der Campingplatz am Gurtenfestival oder am St. Galler Openair. Der blue truck ist eingekreist, umzingelt, blockiert. Eingekreist von lauter freundlichen Menschen die wissen wollen woher wir kommen, wo wir waren, wohin wir fahren und uns mit Tipps versorgen wo wir noch hin sollen, wo's am schönsten ist, wo nicht. Ein kleines, hübsches Mädchen kommt zum Plaudern vorbei, will wissen ob ich nicht ein bisschen Englisch mit ihr sprechen könne, was ich natürlich gerne mache, bei "Hello - Goodbye - How are you" geht der Kleinen aber dann das Repertoire auch schon aus. Trotzdem plaudern wir immer mal wieder ein bisschen, ein bisschen Portugiesisch, ein bisschen Spanisch und ein bisschen Hello-Goodbye-English. Model will sie werden, ihre beste Freundin in der Schule, auf die sie sich schon wieder freut, Polizistin. Aber auch für das werdende Model Joanna wird es Montag. 

Ab dem späten Sonntag Nachmittag läuft der Film hier auf dem Platz rückwärts. Zeltstangen klappern, Kühlboxen werden weg geschleppt, Decken ausgeschüttelt, Babies abgeduscht, die Teenage Mädchen verschwinden in ihren ultraknappen Bikinis in den Waschräumen und kommen umweht von einer Parfüm-Wolke in kurzen Sommerkleidern wieder raus, während Papa schon mit laufendem Motor auf die weiblichen Familienmitglieder wartet. Und wenn auch rückwärts, der Film läuft wieder bis am frühen Montagmorgen.

Dann am Montag Morgen, kein Kindergeschrei, kein Grillgestank, keine Joints, kein Frühschoppen-Bierbüchsen-Zischen. der 48 Stunden Rummel ist vorbei. Nur noch Ruhe - Komisch. Einzig ein verkatertes junges Pärchen die ihren Hangover erfolglos hinter grossflächigen, enganliegenden Sonnenbrillen zu verstecken versuchen und noch erfolgloser mit Bier und Joints bekämpfen teilen mit uns den Platz. 

Es ist schön, wieder Ruhe zu haben. Und es war schön sie nicht zu haben. Spannend wie sich diese Menschen freiwillig auf kleinsten Raum pferchen, wie gemütlich viel getrunken und geraucht wird. Gespielt, gesungen, geschrieen, Musik gemacht, mehr getrunken, mehr gegrillt und mehr geraucht. Die Heringe und Zeltschnüre der einen spannen sich direkt vor den Eingang der nächsten. Lauter Menschen und kleine Grüppchen, die sich vorher nicht kannten und für dieses kurz Wochenende wählen sie es hier am Strand, eng zusammen gepfercht ihre Freizeit zu verbringen. Nie gibt es Streit, keiner hat das Gefühl der nächste hätte sein Zelt zu nahe an seinem aufgestellt. Alles ganz friedlich, unaufgefordert helfen sie einander die Aussenzelte über ihre Kuppelzelte zu schmeissen oder im Dunkel das Zeltstangensäckli wieder zu finden. "Schmeiss doch Dein Fleisch hier auf meinen Grill, die Glut ist gut..." Alles verläuft äusserst friedlich, trotz oder vielleicht auch wegen dem vielen Alkohl, Tabak und unzähligen Joints.

Jetzt ist Montag Abend und es ist so ruhig hier, dass wir morgen doch lieber weiter wollen.  





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